Eine Reise ins russische Italien, Sotschi Teil 1

Mit AFS hat man die Möglichkeit, in seinem Gastland gegen extra Gebühren an mehreren Fahrten teilzunehmen. Auf meiner ersten Reise ging es nach Sotschi, einer der südlichsten Zipfel Russlands, gleich am Schwarzen Meer. Fast 24 Stunden Zugfahrt von Volzhskiy entfernt.

Bahnhof Volzshskiy

Bahnhof Wolgograd 

Die Zugfahrt zog sich, wie wohl alle Zugfahrten in Russland, die längere Distanzen zurücklegen, da diese Züge nur 70 bis 90km/h fahren. Es gibt auch noch eine andere Art des Reisens mit dem Zug. Nämlich mit der Elektritshka. Diese Züge bieten keine Liegemöglichkeit an, sondern beschränken sich auf europäische Weise auf Sitzplätze. Sie legen nur kürzere Strecken zurück und fahren so schnell wie in Europa und Deutschland außerhalb von ICE-Strecken üblich.

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Sotschi ist eine recht neue Stadt für europäische Verhältnisse, denn sie wurde erst im 18. Jahrhundert als Festung im längsten Eroberungskrieg Russlands errichtet. Jetzt strahlt die Stadt als größter Kurort Russlands und als einer der langgezogenen Städte der Welt. In der Breite erstreckt sie sich oft nur an drei parallelen Straßen an den Hängen der Ausläufer des Kaukasus. Durch gewisse geographische Gegebenheiten ist Sotschi einer der wärmsten Orte Russlands. Diese sind zu einem die Lage am Schwarzen Meer, sowie die Lage nah an den Bergen, die die Stadt aus dem Inland von kalten Winden während der Winterzeit schützen.

Ich am Meer

Dass ich nach Sotschi reise, war allerdings am Ende doch sehr überraschend. Denn an dem Tag vor unserer geplanten Abreise erreichte uns die Nachricht, dass Sotschi eine Unwetterkatastrophe erlebt hat – die Bahnstrecke von Krasnodar nach Sotschi war von Regenfluten weggerissen, die Stadt selbst war unter Wasser.

Ich war ziemlich niedergeschlagen, denn ich konnte mir nicht vorstellen, wie man das in ein paar Wochen hinbekommen will. Doch hier ist Russland! Alle sind auf solche Sachen vorbereitet. Die Bauarbeiter rückten aus. Die Leute in Sotschi räumten auf. Unsere AFS Betreuerin in Volzshskiy hat sich 10 Stunden auf dem Bahnhof mit der Umbuchung herumgeschlagen. Und schon zwei Wochen später ging es für uns los. Leider waren unsere Tickets durch das Umbuchen nicht mehr zusammenhängend. Deshalb wurden oft die Treffpunkte gewechselt, an denen man miteinander redet.

Nach knapp 24 Stunden Zugfahrt kamen wir in Adler an. Dieser Bezirk gehört verwaltungstechnisch zu Sotschi und wird auch als ein solcher behandelt. Auch wenn die eigentliche Stadt mehrere Kilometer entfernt liegt. Als wir ausstiegen, ging gerade die Sonne auf und es war sehr schön. Jedoch mussten wir schnell ins Hotel, da wir frühstückten.

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Unser Hotel

Um die Mittagszeit kamen dann die anderen Ausländer an mit ihren russischen Freunden, und wir gingen gemeinsam zum Strand. Es war sehr schön und wir machten viele Fotos vom Himmel und der Umgebung.

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AFS Russia 2018

Bald spielten wir die ersten Kennenlernspiele, was sehr interessant war. So verbrachten wir den kompletten ersten Tag mit den üblichen AFS Interkulturellen Spielen, mit den Tänzen, die man mit AFS macht und netten Gesprächen mit den vielen Teilnehmern. Durch die Terminverschiebung kamen verschiedene Gruppen zusammen, insgesamt waren wir am Ende 104 Personen!

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Ein Asiate in Asien, China Teil 5

Blick über Palastdächer

In der Verbotenen Stadt

Mein Gastbruder ist so alt wie ich und verbringt seit August ein Jahr in Deutschland. Deshalb war es für ihn natürlich besonders interessant, sich mit mir zu unterhalten und sich so schon ein bisschen auf Deutschland einzustimmen. Wir haben uns sehr gut verstanden (auch weil er Englisch spricht) und sehr viel Zeit zusammen verbracht, uns die Stadt zusammen angesehen und kleine Ausflüge gemacht.

Unterwegs in der Stadt

Unterwegs in der Stadt

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Nach dem Kursprogramm sind wir auch einige Male einkaufen gegangen, so dass ich die Tricks, wie man den besten Preis aushandelt, bald gelernt habe. (Regel Nummer 1: Wenn dir jemand einen „special price“ für Schüler nennt, weißt du, der ist mindestens 10fach überteuert.) Manche Händler wurden auch sehr wütend, als sie das mitgekriegt haben und bedachten mich mit Flüchen, weil ich bei ihnen was gekauft habe zum Preis, den auch Chinesen bezahlen würden. Das war schon ein bisschen erschreckend, denn es hat sie ja niemand gezwungen, für den Preis zu verkaufen.

Souvenirs Souvenirs

Souvenirs, Souvenirs

Da ich zur Hälfte Asiate bin und für Chinesen aussehe wie aus dem Norden von China, gab es auch einige merkwürdige Situationen, die zeigen, dass Ausländer in China anders behandelt werden. Zum Beispiel muss man an der Metro sein Gepäck auf die Sicherheitsschleuse legen und selbst einige Meter weg durch den Metalldetektor laufen. Als ich durch war und meinen Rucksack an der Schleuse wieder in Empfang nehmen wollte, war der weg. Obwohl er direkt hinter dem Rucksack von meinem Gastbruder durch die Kontrolle gefahren ist. Mir blieb fast das Herz stehen. Denn darin war mein Pass, den wir an diesem Tag für einen Besichtigungstermin mitnehmen sollten. Und meine Kreditkarte! Als mein Gastbruder und ich dann nachfragten, ging der Wachmann an einen Schrank und holte ihn heraus. Angeblich hätte ich ihn liegenlassen. Was ich glaube: Als sie gemerkt haben, dass ich kein Chinese bin, haben sie den Rucksack lieber schnell wieder rausgerückt.

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Auch das ist Peking

An einem anderen Tag kam es innerhalb der Wohnanlage der Gastfamilie zu einer komischen Begegnung mit einem Wachmann. Er hörte, dass ich mit meinem Gastbruder Englisch gesprochen habe und wurde darüber ganz böse, weil er erst nicht verstanden hat, dass ich kein Chinese bin. Dann meinte er, dass Ausländer hier nichts zu suchen haben und er uns nicht durchlässt. Erst eine lange Ansprache von meinem Gastbruder konnte ihn überzeugen, so dass wir zurück in die Wohnung konnten.

Flagge vor der Mauer

Auf ins Reich der Mitte, China Teil 1

Anflug auf Peking

Wenn ihr das lest, bin ich schon in Sotschi am Meer. Weil ich mich schon lange nicht mehr hier gemeldet habe, gibt es jetzt eine Überraschung: Ich berichte von meiner Reise nach China im Sommer 2018. (@Oma: Das kann man vorher einstellen.) Zwar habe ich schon lange angefangen, Blogbeiträge zu schreiben und auch die Organisation hat ihren Bericht bereits bekommen. Aber… Das Leben als Austauschschüler ist voller Ablenkungen.

Hier also kommt mein Bericht zu meiner Reise nach China 2018, Teil 1:

Heute (20. Juli) geht es endlich los, heute fahr ich endlich nach China. Ich freue mich schon seit Beginn meiner Sommerferien auf diese Reise, durch die ich hoffentlich viele Menschen und ihre Lebensumstände kennenlernen werden.

Für meine Eltern ist es natürlich ein vorgezogener Abschied, da uns ein Monat Zeit verloren geht, bevor ich am 24. August endgültig nach Russland für ein Jahr aufbreche. Unseren letzten gemeinsamen Morgen vor der Reise verbrachten wir deshalb mit einem großen Familienfrühstück. So konnten wir noch einmal richtig lebewohl sagen und mit dem Stress der Vorbereitung auf die beiden großen Abenteuer endlich abschließen.

Bald darauf wurde ich von meinem Patenonkel zum Flughafen Tegel gebracht. Weil die Zeitungen voll von schrecklichen Berichten zu „Infrastrukturschwierigkeiten“ waren (sprich: Berliner Chaos) war ich zweieinhalb Stunden früher da. Fehler. Als ich nun also viel zu früh am Gate saß und darauf wartete, dass endlich mein Flug abfliegen würde, wurde uns gesagt, dass wir 45 Minuten Verspätung haben. Also wartete ich insgesamt 3 Stunden und 15 Minuten, damit ich irgendwann 1 Stunde nach Frankfurt fliege.

Endlich im Flugzeug angekommen, waren die ersten nervös, da sie wie ich ihren Anschlussflug in Frankfurt bekommen mussten. So hetzten alle ins Flugzeug, ohne jedoch den prominenten Gast zu bemerken, der vorne in der Buisiness-Class saß und dort gleich am Gang wohl auf etwas Publicity hoffte. Es war Christian Ulmen. Wäre der Flug nicht voller aggressiver Berliner gewesen, die ganz schnell auf die Malediven mussten, hätte ich beinahe ein Selfie mit ihm gemacht. Mein Vater ist ein großer Fan.

Laternen China

Der Flug ging dann ohne Probleme vonstatten und so waren wir dann auch in einer Dreiviertelstunde am Frankfurter Flughafen. Angekommen sah ich mich schnell um, denn ich musste von Terminal A zu Terminal Z kommen. Ich dachte, ich müsse meine Beine jetzt in die Hand nehmen, um noch meinen Anschluss zu bekomen, der in weniger als eine Stunde Boarding hatte. Erstaunlicherweise befand sich das Gate dann im darüberliegenden Stockwerk. Kurzer Weg von A bis Z.

Unsere Reisegruppe bestand aus 12 Jugendlichen und einem Betreuer der Organisation Youth for Understanding (YFU), die für die Organisation der Reise zuständig war. Die Stiftung Mercator hat das Projekt finanziell unterstützt, zum Glück, denn sonst hätte ich gar nicht mitfahren können.

Am Gate fand ich zu meiner Überraschung meine Reisegruppe nur sehr dezimiert vor. Von den Betreuern erfuhr ich, dass ich zu den ersten gehörte. Als nun meine Gruppe vollständig war und das reichlich knapp nach meinem Befinden stiegen wir ein.

Sofort als ich das Flugzeug betreten und meinen Sitzplatz gefunden habe, kommt meine Sitznachbarin zu mir. Anscheinend ist sie Chinesin, denn sie redet mich sofort auf Chinesisch an. Sie lacht und es scheint mir, als hätte sie einen Witz gemacht. Ich bemerke, dass sie um die 12 Jahre alt sein muss und ihre Eltern auf der anderen Seite des Ganges sitzen. Als sie mich dann wiederum anspricht, kläre ich sie über mein nicht Chinesisch sein auf. Sie macht ein langgeszogenes „oooooooooooohhhhh“. Ich kann ihre Überraschung verstehen, denn über 80% der Lufthansamaschine wird von Chinesen eingenommen. Tja, nicht jeder Deutsche ist blond und blauäugig.

Auf der Mauer

 

Eine Reise mit der Marschrutka – Ein Abenteuer

In Volzhskiy und generell in ganz Russland ist es normal die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen. In den meisten Städten gibt es Busse oder Trolleybusse und in manchen sogar Straßenbahnen. Größere Städte wie zum Beispiel Moskau haben Metros.

Doch überall egal in welche Stadt man geht findet man sie: Marschrutkas. Marschrutkas sind die Kleinbusse, die auf den ersten Blick wie Lieferwagen aussehen. In meiner Stadt haben sie meistens eine gelbe Farbe. Sie zeichnen sich jedoch dadurch aus, dass sie oft nicht den neuesten Standard haben. So kann ich mir nicht vorstellen, dass ein solcher Kleinbus auf deutschen Straßen fahren darf.

Natürlich gibt es auch normale Busse. Aber die haben einen festen Zeitplan und fahren oft nicht so wie man es braucht oder langsam. Marschrutkas hingegen sind schnelle Ungetümer, die auf bestimmten Strecken rasen. Man kommt schneller mit ihnen voran. Das liegt vor allem daran, dass sie nicht überall halten, sondern nur bei Handzeichen von Menschen an der Haltestelle und auf Ansage der Passagiere einen Stop einlegen.

Wie kommt man also hinein mit dem Handzeichen und wie kann man bezahlen?

Wenn man das System verstanden hat, ist es nicht mehr so verwirrend. Zuerst musste ich erstmal meine Gastmutter fragen, welche Marschrutka-Nummern ich nehmen kann, denn an unserer Haltestelle kommen viele Linien vorbei. Ich wollte bei meiner ersten Marschrutkafahrt zur „Wolgamoll“, der größten Mall in der Stadt. Als ich dann mit einem Zettel ausgerüstet, auf dem die Busnummern drauf standen, an der Bushaltestelle stand hielt Gott sei dank sofort einer der Busse, der auch schon von einer anderen Frau angehalten wurde. Ich stieg also ein und fragte den Fahrer

Wolgamoll?

und kriegte ein Kopfnicken und Grunzen zurück. Dann bekam ich auch schon eine Ansage: Ich hatte die Tür hinter mir nicht zugezogen, da ich nicht wusste, dass man das machen muss. Ich setzte mich also mit rotem Kopf und suchte mit Herzrasen mein Geld zusammen. Schließlich drückte ich dem Fahrer während der Fahrt meinen Hunderter in die Hand und er sucht auch fahrend nach Wechselgeld. Die Fahrt kostet 21 Rubel (=25-30 Cent) und so bekomme ich massig Wechselgeld.

IMG-20180907-WA0029-1.jpegDie Reise verläuft mehr oder weniger gut, bis auf die Tatsache, dass mir vom wilden Fahrstil des Fahrers schlecht wird. Doch für die Fahrmanöver habe ich schon bald keinen Blick mehr. Ich muss gucken, dass ich meine Haltestelle bekomme, denn Ansagen gibt es nicht. Schon mehrmals habe ich gehört was die anderen Fahrgäste gesagt haben als sie aussteigen wollten.

На остановке, пожалуйста [na ostanovke pozhaluysta]

Also nehme ich all meinen Mut zusammen und tue es ihnen gleich, als ich das große Gebäude mit den Lettern WOLGAMOLL erblicke. Zum Glück hielt der Fahrer dann auch und ich war froh endlich da zu sein.

Natürlich holte ich mir gleich den nächsten Rüffel. Denn um keinen Tadel zu bekommen, warf ich diesmal die Tür mit Schwung hinter mir zu. Zu dumm, dass ich nicht gesehen habe, dass hinter mir eine ältere Dame mit vielen Einkaufstaschen stand, die auch aussteigen wollte… Es ist noch kein Marschrutka-Meister vom Himmel gefallen!

Russland!

Leider komme ich nicht hinterher, alles aufzuschreiben: Ich hoffe, ich finde bald die Zeit, hier von meinen Abenteuern unterwegs zu berichten.

Jetzt erstmal das Wichtigste – seit zwei Wochen bin ich in Russland. Genauer in Volzhskiy. Das ist ein Vorort von Wolgograd (die Stadt, die mal Stalingrad hieß, woran die „Mutter Heimat“ erinnert.)

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„Родина-мать зовёт“ zu deutsch „Mutter Heimat ruft“ ist das Wahrzeichen Wolgograds und des Wolgograd Oblast. Das Denkmal mit einer Gesamthöhe von 85 Metern symbolisiert den Sieg der sowjetischen Streitkämpfe im Großen Vaterländischen Krieg gegen Nazi-Deutschland. „Mutter Heimat“ steht im Zusammenhang mit dem Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park in Berlin (gesenktes Schwert).

Nach einer kurzen Fluganreise ging es von Moskau in einen Vorort, zum internationalen AFS Welcome Camp. Hier waren alle Jugendliche aus allen möglichen Ländern, die mit AFS ein Schuljahr in Russland verbringen wollten. Vor allem Italiener (ein Drittel) und Leute aus Hong Kong, Thailand, Japan und Türkei. Wir sieben Jugendlichen aus Deutschland kamen uns erstmal etwas dumm vor, denn die Gruppen aus den anderen Ländern haben gleich mal ihre riesigen Heimat-Flaggen ausgerollt. Wir wären gar nicht auf die Idee gekommen. Der Schweizer und die Österreicherin haben sich gleich uns angeschlossen, so dass wir dann „die Deutschsprachigen“ waren.

Die Freiwilligen von AFS Russland begannen das Camp mit verrückten Tänzen. Das fanden die meisten Menschen erst einmal gewöhnungsbedürftig und mir schossen sofort Bilder in den Kopf, wie wir tanzend auf dem Roten Platz stehen würden, aber dann war es doch sehr lustig. Russland! Eine andere Welt.

Drei Tage später ging es für die Wolschski-Gruppe von Moskau weiter mit dem Zug nach Wolgograd: 21 Stunden im „platzkartny wagon“ (also sozusagen Holzklasse).

Unser Abteil war am Kopf des Zuges, was uns beim Einsteigen ganz schön viel Laufarbeit einbrachte, denn unser Bahnhof in Moskau war ein Kopfbahnhof. Der Zug war sehr lang und fuhr aber dafür auch sehr, sehr langsam. Bei einer Strecke, die 1000 km lang ist, braucht man sich also nicht zu wundern, dass wir 21 Stunden brauchten.

Unser Abteil war offen und so konnte man zwar Privatsphäre haben, musste aber dennoch aufpassen nicht zu laut zu sein.

Die Zeit verging aber wie im Flug. Ich fand das ein sehr angenehmes Erlebnis, vor allem, weil man sich so gleich mal eine Vorstellung macht, wie weit das alles voneinander weg ist. Im Zug erfuhren wir dann, dass bei Ankunft das Fernsehen auf uns wartet. Ich habe in meinem Koffer zum Glück noch eine Hawaikette in Deutschlandfarben gefunden von der letzten Fußball WM. Puh. Sonst wäre ich mir doch sehr dumm vorgekommen mit all den Fahnen aus Thailand und Italien.

Astana, ich komme

Die Tickets nach Astana sind gekauft. Dafür musste ich in die nächste Stadt fahren, wo es einen Bahnhof gibt. Der Bahnhof ist frisch renoviert – natürlich mit viel hellblau.

Der Ticketschalter sah von außen etwas seltsam aus. Man musste durch ein Fenster sprechen. Aber die Bahntickets sind sehr modern, mit QR-Code. Sie sind auf den Namen und die Passnummer ausgestellt. Man kauft einen festen Platz mit, weil es Schlafwagen sind. Man konnte gleich ein Paket aus Ticket für den Zug und Ticket für die Expo kaufen. Das ist billiger als einzeln. Am nächsten Samstag lande ich sehr früh in Astana – Expo, ich bin bereit.

Ticket

Auf nach Novo-Ilyinovka (2): Mit dem Klapperross ins Feld

Sonnenaufgang_Kasachstan

Als der Flieger landet, bin ich verwirrt. Hatten wir eine Notlandung auf einem Feld? Wo ist der Flughafen, wo ist der Steg der sich immer ans Flugzeug andockt? Ich seh ein paar Lichter, dann ein paar Häuser. Häuser, aber keine Flugzeuggebäude. Dann seh ich eine Flugzeugtreppe. Sie fährt an das Flugzeug heran. Alle springen auf und warten ungeduldig, dass sie aussteigen können. Zuerst kommt eine Ansage auf Kasachisch, die erstmal mehrere Male wiederholt wird, bis sie weiter auf Russisch umspringt. Endlich gibt es die Infos auch für mich verständlich auf Englisch. Der Bus hatte Verspätung, deshalb sollten wir noch ein wenig Geduld haben. Im Nachhinein war das eine lustige Aussage, da das Gebäude, welches den Flugzeughafen darstellte, kaum weiter weg war als 50 Meter. Ohnehin war unser Flugzeug das einzige auf dem ganzen Flughafen.

Holzgebaeude_Kasachstan

Endlich kam der Bus und wir konnten alle aussteigen.  Er fuhr die schon erwähnten 50 Meter und alle stiegen aus, um sich in den winzigen Transitbereich zu quetschen. Jeder Einreisende muss einen Zettel ausfüllen,  auf dem er alles angibt was er von ausserhlb mitgebracht hat. Man muss auch Namen, Adresse, ob man eine Krankenkarte hat und vieles mehr angeben. Den ausgefüllten Zettel muss man mit seinem Pass an der Passkontrolle vorzeigen. Ich brauchte das nicht, da ich noch unter 16 Jahre alt bin.

Als ich dran war, dauerte es länger, da ich ja alleine in das Land einreiste. Ich gab dem Grenzpolizisten die Erlaubnis von meiner Mutter, dass ich alleine einreisen und mit Leuten, die mich von Ort zu Ort bringen, mitfahren darf. Es dauerte eine Viertelstunde,, bis ich durch die Kontrolle gelassen wurde. Ich schwitzte Blut und Wasser. Ich dachte schon die lassen mich wohl nie durch. Gottseidank konnte ich die Kontrolle passieren, nachdem sich fast alle Grenzpolizisten meiner angenommen hatten.

Auf der anderen Seite stand schon mein Koffer bereit. Ich war erstaunt, wie klein dieser Flughafen doch war. Als ich dem Ausgang entgegen kam, stand in der ersten Reihe Natalia Ivanovna. Sie ist eine kleine rundliche Frau, die sehr viel Herzlichkeit ausstrahlt. Neben ihr stand ein Mann um die 45, der, wie es sich herausstellte ihr Sohn war.  Er nahm mir meinen Koffer ab und wir gingen zum Auto des Sohnes. Natalia (genannt auch Natascha) und ich wechselten ein paar Worte, die ich allerdings nicht verstanden habe. Das machte aber nichts, ich war ohnehin zu müde.

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Das Auto war schon sehr abgenutzt und  bestimmt war nichts an ihm mehr ein Original. Es hatte einen starken Tiefgang. Besonders jetzt, nachdem mein 25 Kilo Koffer mit meinem 15 Kilo Rucksack in ihm lagen. Wir fuhren los und sie fragten mich einige Sachen, die ich nicht so ganz verstand. Ich antwortete auf die meisten Fragen mit einem Achselzucken und sie lachten, weil ich ihre Sprache noch nicht konnte. Als sie mich fragten, wie der Flug war sagte ich dass er gut war. Danach sagten wir nichts mehr und ich schaute raus auf die wunderschöne Landschaft von Kasachstan. Die einspurige Autobahn führte uns durch weite Steppenlandschaften, wo hier und da ein paar Häuser und Strommasten standen.

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Die ganze Zeit musste der Fahrer im Zickzack fahren, da sein Auto kein Schlagloch vertrug. Das machte er aber bei Geschwindigkeiten von 100 km/h und somit war das ganze sehr übelerregend. Nach einiger Zeit kamen wir an einer Stelle, wo ungewöhnlich viele rabenähnliche Vögel waren. Als wir dort vorbei fuhren, klatschte uns plötzlich ein Vogel gegen die Windschutzscheibe. Ich habe mich sehr erschrocken, doch die anderen haben gelacht. Der Sohn machte sich danach erstmal eine Zigarette an, um sich zu beruhigen. Er rauchte auf der zweistündigen Fahrt bestimmt 7 Zigaretten.

Kurz nach dem Vogelvorfall erreichten wir in Rudnyy. Der Ort liegt zwischen Kostanai und Tobol, dem nächsten größeren Ort von Novo-Ilyinovka. Es war eine kleine Stadt mit bröckeligen Häusern und einer halb aufgerissenen Straße, sie hatte geschätzte 20.000 Einwohner. Danach fuhren wir über eine Brücke, die über den Fluß Tobol führt.

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Danach kamen wir über mehrer Bahnübergänge. Nach einer weiteren halben Stunde waren wir in Tobol. Die Stadt sah ähnlich aus wie Rudnyy nur deutlich kleiner. Von dort waren es nur noch 20 Minuten nach Novo-Ilynovka.

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Kasachstan_Zug_Tobol

Wir fuhren auf einen Feldweg, der aus irgendwelchen Gründen auf ein Feld neben dem Weg führte. Nach einiger Zeit ging es nicht mehr weiter und wir mussten anhalten. Wir wollten wieder auf den Feldweg fahren, der allerdings erhöht auf einer alten Bahntrasse war. So musste er das Auto einen Weg hochfahren, der eine Schräge von 45° hatte. Es rumste und etwas schleifte am Bauch des Fahrzeugs. Als wir anhielten und der Fahrer nachsah, was passiert war bemerkte er, dass der Benzinschlauch gerissen oder aus dem Fahrzeug gezogen wurde. Aus dem Schlauch sprudelte ununterbrochen Benzin, und es roch sehr streng. Nataschas Sohn nahm eine Hebelbank und hob das Auto an, um sich drunter zu schieben und mit einem Schraubenzieher bewaffnet den Schlauch wieder in seinen Nutzungsbereich reinzustecken.

Nach weiteren 10 Minuten kam er mit einem skeptischen Gesicht hervor. Ich zitterte etwas. Zum einen um meine Sachen und zum anderen um meine Gesundheit, da es erst 7 Uhr war und wegen der untypischen Wetterbedingungen in dieser Zeit es erst 9° waren. Nachdem er ins Auto gestiegen war und den Motor anschmiss, um zu sehen ob jetzt auch alles funktioniert, nachdem er es provisorisch repariert hatte, fuhren wir weiter und kamen in Novo-Ilyinovka an. Wir fuhren durch einige Straßen und waren bald in der Straße meiner Gastfamilie.

Ich nahm mein Gepäck aus dem Auto und ging mit ihnen ins Haus. Vorher zeigten sie mir, dass ich meine Schuhe ausziehen sollte. Ich tat wie mir gehießen. Im Haus lag ein ungewohnter Geruch in der Luft. Ich ging ins Wohnzimmer und mir wurde gezeigt, dass ich hier meine Sachen ablegen sollte. Ich merkte, als ich mir meine Umgebung genauer ansah, dass nirgends in der Wohnung Türen existierten. Überall am Türramen hingen Fäden, an denen wie bei einer Kette kleine Discokugeln so groß wie Murmeln befestigt waren. Beim Vorbeigehen bemerkte ich, dass in einem der Zimmer zwei Personen schliefen. Nach wenige Minuten wachten sie auf und mir wurde gesagt, dass das Zimmer, in denen sie geschlafen hatten ab jetzt mir gehören würde und ich meine Sachen hinein bringen sollte. Als ich das gemacht hatte, setzte ich mich auf mein Bett und freute mich, endlich angekommen zu sein. Hier in Novo-Ilyinovka.

 

Auf nach Novo-Ilyinovka (1): Mit dem Adler gen Sonne

Heute sollte es soweit sein. Auf nach Kasachstan. Zum Abschied fahre ich mit meinem Patenonkel und meiner Oma in den schönen Charlottenburger Schlosspark.

Wir schauen uns zusammen das Mausoleum an. Danach Kaffee trinken. Meine Oma ist so aufgeregt dass sie es nicht ertragen kann mich zu verabschieden und wandert mir davon. Als auch ich von meinen Verwandten und meinem geliebten Berlin Abschied genommen hatte, geht es zum Flughafen Hannover. Dort fliegt Air Astana und der einzige Direktflug von Deutschland nach Kostanai. (Aber nur im Sommer.)

Mit dem Auto kommen wir relativ gut und ohne Zwischenstopps durch und sind auch schon bald am Flughafen. Er ist kleiner als erwartet. Obwohl ich das schwer beurteilen kann, da ich in meinem Leben immer nur von Großstadtflughäfen geflogen bin.

Wir laufen zu meinem Check-in, wo schon gefühlt 500 kasachische Mitbürger mit deutschen Pässen wedelnd ihren Sitzplatz verlangen.

Ich seh jetzt schon was auf mich zukommen wird. Jegliche Umterhaltung wird auf Russisch geführt. Ich verstehe wenn ich Glück hab einig Wörter mit deren Hilfe ich mir einen Sinn zusammenreime.

Als ich dort stehe kommt eine Frau auf mich zu und fragt ob ich der Junge bin, der nach Kasachstan fahren will. Ich gucke sie verwirrt an. Will hier nicht jeder nach Kasachstan? Doch dann fragt sie weiter, ob ich der von Novo-Ilyinovka und Natalia Ivanovna bin. Jetzt fällt es mir wie von Schuppen von den Augen. Natalia Ivanovna ist die Frau bei der ich wohnen werde. Und zugleich meine zukünftige Lehrerin!

Meine Mutter und sie hatten oft lange Telefongespräche. Da Natalia früher einmal stellvertretende Direktorin der Schule von Novo-Ilyinovka war, hat sie Kontakt zu vielen ihrer Schüler, die im Ausland leben. So erfuhr sie, dass ein Ehepaar aus Düsseldorf, welches bei Natalia in der Schule war, mit ihrer Tochter und zwei Enkelkindern ebenfalls den Direktflug von Hannover nach Kostanai nehmen. So sagte sie ihnen, dass sie mir auf meiner Fahrt helfen sollten.

Ich stand nun am Check-in mit meinem Koffer und meinem Rucksack, die zusammen bestimmt eine Tonne wiegen. Zusammen mit der Familie wartete ich darauf unser Gepäck abzugeben. Wir fingen ein paar nette Gespräche an und wurden uns sympathisch.

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Nach langem Warten wurde unser Gepäck endlich von einer schlecht gelaunten Frau entgegengenommen. Danach ging ich mit meinem Patenonkel noch etwas essen. An der Passkontrolle verabschiedete ich mich schließlich von ihm und trat meine lange Reise an.

Im Flugzeug versuchte ich mich mit Englisch und wildem Gestikulieren zu verständigen was allerdings meist auf anderer Seite scheiterte. Alles im Flugzeug war dreisprachig. Es stand dort auf Kasachisch, auf Russisch und auf Englisch.

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Der Adler hebt ab. Ich fühle mich erleichtert. Wir fliegen dem Sonnenuntergang entgegen. Bald bin ich in Kasachstan.