Abenteuer Schattentheater, China Teil 4

Schattentheater

Schatten und Licht

Aber wir waren ja nicht nur zum Essen in China. Gemeinsam mit 12 chinesischen Jugendlichen beschäftigten wir uns zwei Wochen lang mit chinesischen Theatertraditionen und vor allem dem Schattentheater.

Schattentheater 2

Hierbei lernten wir aber nicht nur die traditionellen Facetten des Schattentheaters kennen. Im Workshop beschäftigten wir uns auch damit, uns theatralisch zu entfalten. Neben Übungen zum Lockerwerden gehörten dazu auch Improvisationen. Uns wurde zudem eine traditionelle Aufführung gezeigt mit Musik und allem „Drum und Dran“. Dann durften wir uns selbst eine Geschichte ausdenken und die echten Figuren von den professionellen Puppenspielern nutzen.

Kalligraphieworkshop

Kalligraphieworkshop

Sehr viel Spaß gemacht hat mir der Workshop in Kalligraphie. Das hatte ich schon einmal bei einer Schulprojektwoche ausprobiert, das von der Mutter einer chinesischen Klassenkameradin angeleitet wurde. Deshalb hatte ich mich darauf besonders gefreut und wurde nicht enttäuscht. Ich kann jetzt meinen Namen auf Chinesisch schreiben – und der hat ganz schön viele Silben. Denn westliche Namen werden in China mit Zeichen geschrieben, die so ähnlich ausgesprochen werden wie die deutschen Silben. Dann kommt eben der ein oder andere Laut dazu.

Fächer Peking

Am gleichen Abend hatten wir dann noch einen Workshop zum Thema Schattentheater. Dieser war jedoch besonders, da wir nicht nur unsere eigene Geschichte entwickeln konnten, sondern auch die Figuren selbst gestaltet haben. Das hat mir besonders Spaß gemacht.

Zwischendurch machten wir eine Pause, in der wir Wantan machten. Natürlich aßen wir diese dann auch. Das war leider oft nicht so einfach, da durch unsere nicht vorhandene Erfahrung beim Essen das Fleisch aus dem Teig fiel. Dieser Tag ist mir im Gedächtnis geblieben, und ich hätte mir mehr Zeit an diesem wundervollen Ort gewünscht.

Die Straßen von Peking

Die einzelnen Seminare haben uns sehr unterschiedliche Aspekte über Land und Leute vermittelt – auch das „Drumrum“ spielte dabei eine Rolle. So war es für die meisten der deutschen Jugendlichen eine Überraschung, dass nur drei der Gastfamilien zur Abschlussvorführung unseres Schattentheaterprojekts gekommen sind. Obwohl viele von ihnen eigene Kinder im Kurs hatten. Das kann ich mir in Deutschland nur sehr schwer vorstellen. Die meisten Eltern, die ich kenne, nehmen sich sogar frei, wenn es eine Aufführung gibt, egal welche.

Ich habe deshalb nachgefragt und erfahren, dass für die meisten chinesischen Eltern vor allem zählt, was für die Schule „etwas bringt“. Das Schattentheaterprojekt war außerhalb der Schule, also nicht so wichtig. So fragte mich meine Gastfamilie zum Beispiel, ob ich bessere Noten bekomme, weil ich an dem Kurzaustauschprogramm teilnehme. Sie waren sehr erstaunt, dass das natürlich nicht so ist. Und noch mehr, als ich erklärte, warum ich das trotzdem für nützlich für mein Leben halte und dass das meine Eltern das auch so sehen. Andere Länder, andere Sitten.

Meine Schule: школа No.1 (Schule No 1.)

Meine Schule in Volzhskiy gehört zur Altstadt und wurde in den späten 50er Jahren errichtet. (Die Stadt selbst entstand ab 1957, um für die Arbeiter des Wolgograder Wasserkraftwerks Wohnungen zu schaffen.) Die Schule feierte vor kurzem 65. Geburtstag und kann sich deshalb mit gutem Gewissen No.1 nennen.

Schule Nummer 1, Volzhskiy, Russland

Schule No. 1, Volzhskiy, Russland

Das Motto der Schule lautet: „Schule Nummer 1, wir sind immer Nummer 1“. Das bezieht sich vor allem auf Wettbewerbe, die in Russland sehr beliebt sind. Es gibt Wettbewerbe für Sprachen, für Mathe, für Naturwissenschaften, für Kunst, für Sauberkeit, für alles mögliche.

Die Schule ist in zwei getrennte Gebäudekomplexe unterteilt. Der eine beherbergt Schüler von der 1. bis zur 4. Klasse und der Hauptkomplex Schüler von der 5. bis zur 11. Klasse. Ich bin im Hauptkomplex, denn ich besuche inzwischen die 10. Klasse. Gerade sind wieder einmal Ferien, denn obwohl die Sommerferien in Russland volle 3 Monate dauern, gibt es alle 5 Wochen eine Woche Ferien. Zum Glück, denn so habe ich endlich mal Zeit, hier was zu schreiben.

Klassenzimmer Schule No. 1, Volzhskiy, Russland

Im Unterricht

Ich betrete die Schule immer mit einem mulmigen Gefühl, denn an der Fassade bröckelt der Putz und auch sonst sieht nicht unbedingt alles so aus, als ob der deutsche TÜV hier nichts zu meckern hätte. (Man fühlt sich also als Berliner Schüler fast wie zu Hause.) Aber dann wird man auf Anfrage sofort von den russischen Schülern beruhigt, dass da noch nie etwas passiert sei und es deshalb sicher ist. So bekommt man gleichzeitig ein Gefühl für die russische Seele. Sie unterscheidet sich sehr von der deutschen. Wir in Deutschland planen, denken uns Szenarien aus, schaffen Gesetze und fangen nach jahrelanger Vorbereitung dann endlich an zu bauen… In Russland macht man einfach.

„Noch nie was passiert“, das war auch die Antwort als ich anmerkte, dass ein Stromkabel drei Meter über den Boden diagonal über den Hof zu spannen vielleich nicht gerade die beste Lösung sei. Vor allem, wenn die Distanz zum Schulgebäude 50 Meter beträgt und kein Stützmast eingebaut wurde. Auch der Mast am Rand des Schulgelände rostet… Aber darüber mache ich mir jetzt mal auf russische Art keine Sorge – es ist ja noch nichts passiert.

Das Schulsystem in Russland…

Stundenplan Russland

Mein Stundenplan

…unterscheidet sich von unserem in Deutschland. Statt unseren 12 Jahren haben Schüler hier nur 11 Jahre Schule, was sich jedoch nicht auf das Abschlussalter auswirkt. Denn hier kommt man erst mit 7 Jahren in die Schule. Jedoch lernt man schon im Kindergarten lesen und schreiben. So fällt unsere 1. Klasse in Russland weg.

Klassenzimmer, Schule No. 1, Volzhskiy, Russland

Das markanteste Merkmal, in dem sich das Schulsystem unterscheidet, ist der Verlauf der Oberstufe. In Deutschland wird in der Oberstufe das Klassensystem aufgelöst und das Kurssystem einführt. Hier können sich die Schüler individuell entfalten. In Russland hingegen findet ein solcher Bruch nicht statt. Es geht weiter im alten Trott. Die Klasse verändert sich zwar, da viele Schüler nach der 9. Klasse eine Ausbildung machen und die Schule verlassen, aber der Unterricht findet weiter in allen Fächern statt. Diese fehlende Selektion und die dazukommende fehlende Schulzeit machen den Schulalltag doppelt schwer.

Chemiekabinett, Schule No. 1, Volzshkiy, Russland

Chemiekabinett

Ganz oberflächlich wird man sofort feststellen, dass sich auch die Art zu unterrichten von unserer sehr unterscheidet. Es gibt vor allem Frontalunterricht. Seit ich hier bin, gab es noch kein einziges Handout. Die Informationen werden manchmal an die Tafel geschrieben, noch häufiger aber werden sie vom Lehrer einfach diktiert. So sind die Schüler immer sehr viel mit Schreiben beschäftigt, diskutiert wird nie. In allen Fächern existieren kleine Hefte, die etwas breiter sind als unsere DIN A5 Hefte. In ihnen schreibt man alles mit, was der Lehrer sagt und diktiert.

Klassenzimmer, Schule No 1, Volzhskiy, Russland

Für mich heißt das, dass ich nur wenig verstehe und keine Mitschriften habe, da ich kyrillisch nicht so schnell schreiben kann. Die Handschriften meiner Klassenkameraden kann ich leider nicht entziffern, weil ich nur die Standardschrift lesen kann. Ich hoffe, das wird bald besser. Im Unterricht beschäftige ich mich deshalb oft mit meinen Russisch-Lehrbüchern oder versuche mit Google-Translate zumindest zu ergründen, worum es gerade geht. Zu Hause arbeite ich den Stoff in den Fächern Mathe, Physik, Bio und Chemie so gut es geht online nach. Oft ist es gerade in Naturwissenschaften allerdings Stoff, der bei uns in der Schule gar nicht mehr drankommt, oder nur im Leistungskurs Abitur. Technologie, Geschichte und Sozialkunde muss ich erstmal weglassen, da die Inhalte ganz anders sind und ich dazu online nichts auf deutsch oder englisch finde.

Sportplatz, Schule No. 1, Volzshkiy, Russland

Sportplatz

Ganz anders ist auch der Sportunterricht. In meiner Schule in Berlin haben wir sehr oft Mannschaftsspiele gespielt. Hier geht es immer um Wettbewerb: Wer springt höher, schneller, weiter. Auch das Drumrum ist für mich ungewohnt. Wir müssen in Reih und Glied stehen, „Hände an die Hosennaht“ und so weiter, wer sich nicht im Gleichschritt bewegt, bekommt einen Rüffel. Wie in der Armee! Das kenne ich nur aus Filmen, das war für mich am Anfang sehr skurril. Aber mein Gastbruder hat gar nicht verstanden, dass ich mich darüber gewundert habe. Also wundere ich mich jetzt auch nicht mehr.

Es gibt eine Schulkantine, in der man sich Tee und Gebäck kaufen kann. Leider sind die Pausen immer sehr kurz.

Schulkantine, Schule No. 1, Volzshkiy, Russland

Schulkantine

Erster Schultag

Ein ganzes Schuljahr liegt jetzt vor mir. Ich hoffe jetzt erstmal, dass mein Russisch bald besser wird. (Ich habe schon zwei Jahre im Selbststudium gelernt, in der Familie verstehe ich schon sehr viel. Aber sprechen klappt noch nicht so gut.) Englisch sprechen meine Mitschüler noch nicht so besonders, obwohl es eine Schule mit Sprachprofil ist.

Meine Schule

Für mich sah meine neue Schule auf den ersten Blick aus wie ein Gefängnis mit bunten Bannern. Wahrscheinlich werden mir das meine Klassenkameraden bestätigen, aber ich hoffe, dass sich das mit der Zeit ändern wird und ich warme Gedanken habe, wenn ich das Bild angucke.

Am 1. September war der erste Schultag. Luftballons in den Farben Russlands. Und alles sehr festlich. Am Tag vorher habe ich Blumen gekauft, alle Schüler hatten welche dabei.

Beim Appell wurde viel berichtet über neue Sachen, die in der Schule anstehen. Der erste Schultag ist ein Tag um die Schule zu loben. Zwei Schüler aus der 11. Klasse (Abschlussklasse in Russland) moderierten. Gesungen wurde natürlich auch.

Noch muss ich mich hier zurechtfinden. Doch ich komme erstmal in die Klasse von meinem Gastbruder und soll mir so im ersten Monat behilflich sein.

Russland!

Leider komme ich nicht hinterher, alles aufzuschreiben: Ich hoffe, ich finde bald die Zeit, hier von meinen Abenteuern unterwegs zu berichten.

Jetzt erstmal das Wichtigste – seit zwei Wochen bin ich in Russland. Genauer in Volzhskiy. Das ist ein Vorort von Wolgograd (die Stadt, die mal Stalingrad hieß, woran die „Mutter Heimat“ erinnert.)

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„Родина-мать зовёт“ zu deutsch „Mutter Heimat ruft“ ist das Wahrzeichen Wolgograds und des Wolgograd Oblast. Das Denkmal mit einer Gesamthöhe von 85 Metern symbolisiert den Sieg der sowjetischen Streitkämpfe im Großen Vaterländischen Krieg gegen Nazi-Deutschland. „Mutter Heimat“ steht im Zusammenhang mit dem Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park in Berlin (gesenktes Schwert).

Nach einer kurzen Fluganreise ging es von Moskau in einen Vorort, zum internationalen AFS Welcome Camp. Hier waren alle Jugendliche aus allen möglichen Ländern, die mit AFS ein Schuljahr in Russland verbringen wollten. Vor allem Italiener (ein Drittel) und Leute aus Hong Kong, Thailand, Japan und Türkei. Wir sieben Jugendlichen aus Deutschland kamen uns erstmal etwas dumm vor, denn die Gruppen aus den anderen Ländern haben gleich mal ihre riesigen Heimat-Flaggen ausgerollt. Wir wären gar nicht auf die Idee gekommen. Der Schweizer und die Österreicherin haben sich gleich uns angeschlossen, so dass wir dann „die Deutschsprachigen“ waren.

Die Freiwilligen von AFS Russland begannen das Camp mit verrückten Tänzen. Das fanden die meisten Menschen erst einmal gewöhnungsbedürftig und mir schossen sofort Bilder in den Kopf, wie wir tanzend auf dem Roten Platz stehen würden, aber dann war es doch sehr lustig. Russland! Eine andere Welt.

Drei Tage später ging es für die Wolschski-Gruppe von Moskau weiter mit dem Zug nach Wolgograd: 21 Stunden im „platzkartny wagon“ (also sozusagen Holzklasse).

Unser Abteil war am Kopf des Zuges, was uns beim Einsteigen ganz schön viel Laufarbeit einbrachte, denn unser Bahnhof in Moskau war ein Kopfbahnhof. Der Zug war sehr lang und fuhr aber dafür auch sehr, sehr langsam. Bei einer Strecke, die 1000 km lang ist, braucht man sich also nicht zu wundern, dass wir 21 Stunden brauchten.

Unser Abteil war offen und so konnte man zwar Privatsphäre haben, musste aber dennoch aufpassen nicht zu laut zu sein.

Die Zeit verging aber wie im Flug. Ich fand das ein sehr angenehmes Erlebnis, vor allem, weil man sich so gleich mal eine Vorstellung macht, wie weit das alles voneinander weg ist. Im Zug erfuhren wir dann, dass bei Ankunft das Fernsehen auf uns wartet. Ich habe in meinem Koffer zum Glück noch eine Hawaikette in Deutschlandfarben gefunden von der letzten Fußball WM. Puh. Sonst wäre ich mir doch sehr dumm vorgekommen mit all den Fahnen aus Thailand und Italien.

Vorbereitung auf meine Reisen

In den letzten Wochen und Monaten habe ich mich verstärkt auf mein bevorstehendes Auslandsjahr vorbereitet und viele Bewerbungen geschrieben, für Programme und Stipendien. Ich hatte Glück und bekam verschiedene Stipendien, die es mir ermöglichen, nicht nur wie angestrebt nur ein Auslandsjahr in Russland zu machen, sondern auch einen zweiwöchentlichen Kurzaustausch nach Peking.

Also musste ich mich in den letzten Monaten mehreren Tests und Impfungen unterziehen für meine Gesundheit im nächsten Jahr. Auch sonst war sehr viel zu tun. Zum Beispiel verlangt meine Schule in Russland Schulkleidung: Hemd, dunkle Hose, schwarze (Wechsel)Schuhe. Also erstmal ein Großeinkauf. Warme Sachen dürfen auch nicht fehlen bei einer Reise nach Russland. Und natürlich Gastgeschenke.

Es ist nicht so einfach, für Menschen, die man gar nicht kennt, etwas zu finden. Ich hoffe, mit unseren Stiften, Schneidebrettchen, Kuscheltieren „made in Germany“ (sehr wichtig in Russland), einer Thomaner-CD und den Süßigkeiten liegen wir in Russland richtig. Das Weihnachtsgeschenk haben wir auch schon gekauft: Ein Nussknacker „made in Germany“, aus dem Erzgebirge. Für China haben wir uns für ein Bierglas „Berlin“ gefüllt mit Gummibärchen (es sieht aus wie Bier mit Schaumkrone), Schlüsselanhänger, Kalender, Schokolade und weiteren Süßigkeiten entschieden. Das Ganze haben wir in Rot verpackt, denn Rot ist die Glücksfarbe in China, da kann man nichts falsch machen. (Gelbe Verpackungen sind dagegegen tabu, die Farbe steht für Unglück.) Um den Geschenkkarton hat meine Mutter deshalb eine extra dicke rote Schleife gebunden.

Peking, ich komme.

Abitur auf Kasachisch

Heute ist an der Schule Abschlussfeier für die Abiturienten. Der Platz vor der Schule ist gut gefüllt. Viele Leute sind gekommen, für das Dorf ist es ein großes Ereignis. Das sieht man auch daran, wie die Menschen angezogen sind: Schicker als in der Oper in Berlin.

Abifeier2017_Kasachstan

Dass es die Abifeier sein soll, verstehe ich erst viel später. Ich denke zuerst, dass die Erstklässler eingeschult werden, da die Abschlussklase noch nicht auf den vorgesehenen Stühlen sitzt.

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Zunächst einmal wird die Hymne von Kasachstan gespielt. (In dem Link kann man sich den Text auf deutsch durchlesen.)

Flagge Kasachstan

Alle drehen sich zur Flagge. Nur ich bin verwirrt, da ich nicht weiß, wie man das macht. In Deutschland ist es ja nicht üblich mit Hand auf die Brust aber zur Fahne hin zu singen. Hier scheint das aber ganz normal. Dann folgt das Kulturprogramm. Kleine Mädchen in weißen Kleidern treten auf. Sie sind rausgeputzt als wäre eine Hochzeit.

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Sie tanzen einen Tanz, der durch den kasachischen Gesang einen orientalischen Hauch hat, auch die Bewegungen sind dementsprechend.

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Kasachisch ist eine Turksprache. Das ist die offizielle „Staatssprache“ in Kasachstan und die Sprache der Kasachen untereinander. Sie machen ungefähr die Hälfte der Bevölkerung in Kasachstan aus. Alltagssprache hier im Norden ist aber Russisch, das ist eine slawische Sprache. Die Sprachen klingen also ganz anders. Russisch ist neben Kasachisch in Kasachstan Amtssprache, also die Sprache für öffentliche Organisationen.

Im Dorf ist alles zweisprachig. Auch die Schule in Nowo-Ilyinowka hat eine kasachischsprachige und eine russischsprachige Abteilung. Viele Kasachen hier gehen trotzdem in die russischsprachige Abteilung. Nur die Kasachen nicht, die aus China oder der Mongolei zum Beispiel hierhin umgezogen sind. Sie können kein Russisch. Es gibt Kasachen in China, in der Türkei, in der Mongolei, in Russland oder auch in Usbekistan. In China und der Mongolei sind die Kasachen sehr arm, deshalb sind viele nach Kasachstan gekommen und in die Häuser eingezogen, die von den Russland-Deutschen zurückgelassen worden, die jetzt in Deutschland leben.

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Die Abiturienten sitzen jetzt im Halbrund auf Stühlen. Die Direktorin Elena Alexandrowna (die Tochter meiner Gastmutter) hält zu jedem Schüler eine Ansprache. Alle kommen nach vorn, um ihre Zeugnisse entgegenzunehmen.

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Manche bekommen Geschenke von ihren Verwandten. Mir wird etwas langweilig und ich werde von vielen Mücken und Mosquitos angegriffen, da ich vergessen habe mich einzusprayen.

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Plötzlich gehen alle Abiturienten in die Mitte unseres Kreises und fangen an zu tanzen. Es ist ein ca. sechsminütiges Medley von teils westlichen teils kasachischen teils russischer oder auch klassischer Musik. Es gibt auch einige Lieder aus den 80ern.

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Am Ende wird eine Schachtel geholt. Darin sind Tauben. Es wird immer kitschiger, wenn man die Deko des Eingangs betrachtet.

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Es wird noch besser, da die Tauben zusammen in einem Schwarm bleiben und ihre Runden über der Schule ziehen, bis sie sich dann langsam in Grüppchen verstreuen.

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Am Ende der Veranstaltung treffe ich meine neuen Bekannten aus dem Flugzeug wieder. Natürlich sind sie auch zu der Feier gekommen. Sie fragen, ob mit mir alles ok ist und ob ich irgendetwas brauche. Ich berichte von meinen Abenteuern.

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Mit Natalia Iwanowna (links, ehem. Stellv. Direktorin) und Elena Alexandrowna (Direktorin)

Natalia stellt mich ihren Lehrer-Kollegen vor. Wir machen ein Foto mit der Direktorin, ihrer Tochter. Am Ende gehen wir nach Hause mit der Schwester des Schwagers von Natalia und ihren zwei Kindern plus den zwei Kindern des Schwagers. Großfamilie.

Mathe meine Freude

 

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Der Ernst des Lebens ist da – willkommen in der Schule am anderen Ende der Welt. Heute beginnt mein Matheunterricht. Praktischerweise bei Natalia Iwanowna. Sie ist nämlich nicht nur meine Gastmutter, sondern seit über 40 Jahren Mathelehrin. Fun fact: Auch ihre zwei Töchter sind Mathelehrerinnen. Eine echte Mathe Dynastie also.

Der Unterricht in Mathematik ist in Kasachstan sehr fortgeschritten. Im Dorf gibt es einen Jungen, der in Deutschland geboren wurde und dort zur Schule ging. Jetzt lebt er hier. Er musste erstmal in die fünfte Klasse in Mathe, obwohl er in NRW in der neunten Klasse war. Erst später konnte er in seine richtige Klasse.

Ungefähr so geht es mir jetzt auch. Ich wusste das zum Glück schon, weil ich bei meiner letzten Reise schon mal eine Schule besucht habe. (Kurz.)

Deshalb bekomme ich auch Einzelunterricht. Ich habe ein Buch dabei mit den Themen. Wir arbeiten es durch. Leider können wir nicht alles behandeln, zum Beispiel Geometrie nicht. Denn ich verstehe ja kein Russisch oder nur ein bisschen. Also bleiben wir bei Zahlen und Formeln. Das geht auch ohne Sprache.

  • Brüche
  • Potenzgesetze
  • Wurzeln
  • Ausklammern von Termen
  • Lineares Gleichungssystem

Ein paar Mathe Wörter habe ich schon aufgeschnappt. Jedenfalls kommen wir trotzdem gut voran.

 

Die Schule

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Mittelschule Nowo-Ilyinowka

Heute ist es soweit: Ich gehe zum ersten Mal in Kasachstan in die Schule. Von Nataschas Haus sind es 10 min Fußweg und man muss über einen Bach über eine Steinbrücke. Die Häuser, die wir auf unserem Weg sehen, ähneln Nataschas Haus sehr. Das liegt daran, dass diese Siedlung so wie die meisten Siedlungen in dieser Region zur gleichen Zeit gebaut wurde. Damals (in den 1950ern) sind aus der ganzen Sowjetunion Leute in den Norden von Kasachstan gekommen. Die Steppe sollte für die Landwirtschaft genutzt werden. Diese Epoche heißt „Neulanderschließung“. Deshalb wohnen im Norden von Kasachstan viele verschiedene Nationalitäten zusammen, nicht nur Kasachen.

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Natalia Iwanowna vor der Schule

Natalia Iwanowna war an der Schule lange stellvertretende Direktorin. Jetzt ist sie Rentnerin. Aber weil sie so wenig Rente bekommt arbeitet sie immer noch als Lehrerin. Für ein paar Stunden in der Woche. Außerdem gibt es genau wie in Deutschland auch in Kasachstan Lehrermangel. Deshalb überredet die Direktorin sie jedes Jahr, wieder Stunden anzunehmen. Da hat die Direktorin gute Karten. Denn sie ist die Tochter von Natalia Iwanowna.

Schule_Kasachstan_Schulflur

Die Schule wurde vor ein paar Jahren komplett renoviert. Alles ist sehr sauber und ordentlich, auch die Toiletten. (Da wird ein Berliner Schüler schon etwas neidisch.)

p1030129.jpgTreppenhaus_Schule_Kasachstan

Überall kann man in Kasachstan Hinweise auf die Expo in Astana finden. Natürlich auch in der Schule. Ich hoffe, dass ich mir das auch anschauen kann. Ansonsten ist das Treppenhaus mit Schülerarbeiten dekoriert. Das ist wohl überall auf der Welt gleich.

Wanddekoration_Schule_KasachstanIn der Schule findet heute ein Fest statt. Aber nicht um mich zu begrüßen. Gefeiert wird die neunte Klasse. Denn nach der 9. Klasse finden Prüfungen statt, die so ähnlich sind wie der MSA. Danach kann man die Schule verlassen und einen Beruf lernen. Ansonsten kann man auf der Schule bleiben und noch zwei Jahre weiterlernen. Darauf folgt dann eine Prüfung wie das Abitur. Dann kann man studieren. Weil es eine Vorschule gibt, sind alle ein Jahr älter als bei uns. Also in der 9. Klasse sind sie 16.

Schule_Kasachstan_Schulabschluss

Heute verabschiedet Anastasia Alexandrowna ihre 9. Klasse. Sie ist die Klassenlehrerin. Und außerdem ist sie die zweite Tochter von Natalia Iwanowna. Ihre Schüler sind alle sehr aufgebrezelt. Sie tragen alle eine Schärpe in den Nationalfarben (hellblau/gold). Es gibt ein Kulturprogramm. Auch die Abschlussklasse selbst trägt etwas vor. Die Mädchen sind sehr gerührt. Die Jungs scheinbar nicht so.

Schule_Kasachstan_AbschlussklasseSchule_Kasachstan_KulturprogrammSchule_Kasachstan_Abschlussklasse_Kulturprogramm

Auf jeden Fall ein besonderes Erlebnis!