Die Freuden der Butterwoche

Letzten Sonntag ist die Masleniza-Woche zuende gegangen. Auf deutsch ist das die Butterwoche. Es ist ein altes slawisches Fest, das noch aus der vorchristlichen Zeit stammt. Zur Maleniza gehören viele Blini (Pfannkuchen/Eierkuchen/Crepes) und Besuche bei Verwandten, Freunden und Bekannten. Natürlich gibt es in manchen Familien noch mehr Traditionen, die man aber von außen nicht mitbekommt.

Blini isst man mit Smetana (Rahm), Kaviar oder Marmelade. Der russische Klassiker ist mit süßer Kondensmilch. Der Blini-Teig ist aus Eiern, Milch und Mehl. Sie werden mit wenig Fett in der Pfanne gebacken und hinterher mit Butter bestrichen. Ich liebe die Blini meiner Gastmutter, sie sind die allerbesten.

Außerdem gehören zur Masleniza Folklore, Gesang und Tanz. Deshalb besuchte ich mit einigen anderen AFS Austauschschülern ein Konzert in Volgograd, im philharmonischen Konzerthaus. Einige von ihnen haben diese recht spezielle russische Musik zum ersten Mal gehört und sind von den scheinbar gleichförmigen Klängen erst einmal eingeschlafen. Mir hat das Konzert sehr gut gefallen.

Am Sonntag gipfelten die Festivitäten in zwei großen Feiern in den zwei großen Parks unserer Stadt Volzshsky. Ich besuchte die Feier im Wasserkraftwerk-Park bei mir in der Nähe. Das Wasserkraftwerk ist der Grund, warum die Stadt Anfang der 50er Jahre überhaupt gebaut wurde, deshalb ist das ein ganz einleuchtender Name und klingt auf Russisch auch ganz normal. Auf einer großen Bühne im Park traten verschiedene Folklore-Gruppen auf. Höhepunkt war ein Blini-Wettessen, an dem sogar einer unserer AFS Austauschschüler teilgenommen hat.

Vor der Bühne stand ein großer Stamm, auf dessen oberen Ende ein hölzerner Hahn montiert war. Dort kletterten Männer, die nur sehr notdürftig mit einem Seil gesichert waren, hinauf. Falls sie den Hahn ganz oben erreichen, bekommen sie ein Geschenk. So haben es mir meine Gasteltern erklärt. Doch in meiner Anwesenheit gelang das niemandem, obwohl einige ihr Glück versucht haben.

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In der zentralen Allee des Parkes, der Fontänen-Allee, stand eine Strohpuppe auf einer Art Scheiterhaufen. Schon bei meiner Ankunft wunderte ich mich über dieses Bild, was mich doch sehr an die Hexenverbrennungen erinnerte. Und so überraschte es mich wenig, dass die Puppe dann irgendwann angezündet wurde.

Alle versammelten sich dabei um diese Figur und warteten auf den Moment der ersten Flamme. Es war ein merkwürdiges Gefühl, wenn man diesen Brauch zum ersten Mal erlebt. Dieses Ritual soll den Winter vertreiben. Auf mich wirkte es aber trotzdem wie eine Hexenverbrennung mit einer enormen Sensationslust.

Nachdem die Puppe entzündet wurde und ihre gesamte Kleidung in Flammen stand, setzte sich eine riesige Menschenmasse in Bewegung und strebte den Parkausgängen entgegen. So schlossen auch wir uns an. Bei dieser Gelegenheit lernte ich eine neue Seite der Masleniza kennen: Den Spaziergang. Denn viele Leute gingen zu Freunden, Verwandten und Bekannten. Andere, so wie wir, machten einen Spaziergang mit der ganzen Familie.

Wir liefen aus dem Park hinaus die Fontänen-Allee entlang und weiter zu den neu angelegten Terrassen am Rand der Altstadt. Dort geht es 20 bis 30 Meter in die Tiefe. Man hat einen schönen Blick auf die Stadt Volgograd (=Stalingrad), die auch auf einem Hügel gebaut wurde und Volzshky gegenüber liegt. Anschließend ging es die Terrassenanlage hinunter bis zum Strand am Fluss Akhtuba.

Meine Gasteltern erinnerten sich auf dem Weg an viele emotionale Momente, die sie mit den einzelnen Orten verbinden. So lernte ich viel über Volzhsky und fühle mich jetzt noch heimischer hier.

Auf dem Rückweg in Richtung „Sputnik“ (ein Vergnügungszentrum) kauften wir uns noch Milchshakes, da meine Gastmutter unbedingt welche wollte. So schlossen wir diesen Teil der Festivitäten ab. Jetzt bereiten wir uns auf die vorösterliche Fastenzeit vor. Die Butterwoche ist also ein bisschen wie der Karneval in Deutschland, wenn auch mit anderen Traditionen.

8. März: Internationaler Frauentag

Sehr lange habe ich nichts mehr von mir hören lassen. Aber das Leben als Austauschschüler ist einfach ganz schön stressig. Schule, Gastfamilie, Freizeit, Reisen… Und natürlich die Sprache lernen. In den nächsten Tagen versuche ich ein bisschen aufzuholen, denn es gab viele schöne Erlebnisse, über die ich gern berichten will. Zum Beispiel über den 8. März. Das ist in Russland einer der wichtigsten Feiertage und auf jeden Fall der wichtigste Tag für die Frauen in Russland.

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Auch bei uns in Deutschland wird der Internationale Frauentag gefeiert (in Berlin seit diesem Jahr sogar mit einem freien Tag.) Allerdings ist das nicht zu vergleichen mit der Bedeutung, die der 8. März in Russland erhält. Als ich morgens auf die Straße ging, sah ich nur verzweifelte Männer auf den Straßen, die keine Geschenke rechtzeitig bekommen hatten. So schauten sich die meisten nach überteuerten Blumensträußen um, die man an diesem Tag zuhauf kaufen konnte. Ich muss sagen, ich habe noch nie so viele unterschiedliche Blumen gesehen. Manche waren wunderschön, andere aber waren so hochgezüchtet, dass sie hässlich waren.

Als ich von meinem Spaziergang zurückkam, machten wir (Gastvater, Gastbruder und ich) uns auf, das Frühstück vorzubereiten und meiner Gastmutter dabei so viel Arbeit wie möglich abzunehmen. Für sie gab es natürlich auch Geschenke, zum Glück war ich vorbereitet.

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Nachdem wir gefrühstückt hatten, machten wir einen Spaziergang. Es war einer der wenigen Spaziergänge, die ich in Russland bis jetzt mit der ganzen Familie hatte. Wir schlenderten zuerst durch den Park und danach zu meiner Gastoma, um zu gratulieren. Danach gingen wir zum Basar. Im Anschluss verabschiedeten sich meine Gasteltern, um noch anderen Verwandten zu gratulieren. In dieser Zeit brachte ich schon mal den Wocheneinkauf nach Hause. Den restlichen Tag verbrachten wir alle zusammen zu Hause. Wir kochten gemeinsam und zelebrierten den Feiertag. Es war ein sehr schönes Erlebnis für mich.

Auf in die Berge! Sotschi, Teil 3

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Gleich am Morgen des dritten Tages ging es für uns in Busse, die uns zum sogenannten „Skypark“ fuhren. Es wurde, wie man uns sagte, von einem Fan für Extremsports erbaut. Er selbst hat schon auf der ganzen Welt verrückte Sachen gemacht und ist dadurch auch das ein oder andere mal in das Guinnesbuch der Rekorde gekommen. Einmal ist er sogar vom Eiffelturm in Paris an einem Bungee-Seil in die Tiefe gesprungen.

 

Jetzt hat er sich mit diesem „Skypark“ ein Denkmal gesetzt und auch eine Möglichkeit geboten für andere Menschen, die es ihm gleich tun und sich auch in die Tiefe werfen wollen. So kann man für das richtige Geld einen Bugee-Jump aus einer schönen Höhe machen, sich an einer Art Seilbahn sich entlang hangeln und andere Späße für die richtig Abgebrühten. Selbst ein über 80jähriger Mann hat sich hier in die Tiefe gestürzt und damit natürlich einen Weltrekord aufgestellt.

Für die „Normalos“ wie uns gab es eine Hängebrücke, die längste Hängebrücke der Welt, die in einer solchen Höhe hängt. Aber auch sie machte einem Angst und so hatte ich das Gefühl eine Höhenangst auf dieser Hängebrücke entwickelt zu haben.

Eine Rundfahrt zur Hoffnung, Sotschi Teil 2

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Natürlich wollten wir nicht nur den Strand von Sotschi sehen. So machten wir eine Stadtrundfahrt. Sie führte uns an der Hauptstraße entlang, von wo aus man die meisten wichtigen Gebäude sehen konnte. Sotschi besteht zu größten Teilen aus Hotels. Laut Tour gibt es tausende Hotels in Sotschi. Das geht von kleinen Bed & Breakfast Pensionen bis hin zu den großen internationalen Marken wie z.B. Swissôtel oder Radisson. Die Stadt ist eines der Aushängeschilder Russlands und ein Ort, an dem sich unter den vielen russischen Touristen auch einige internationale Gäste tummeln. Jedoch ist es ein Ort mit eher europäischen Preisen und nicht den typischen russischen Preisen.

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Besonders auffallend war, dass in Sotschi lauter Palmen stehen. Auch andere tropische Baumarten lassen sich hier finden, was noch mehr den Eindruck entstehen lässt, dass man in Italien oder Spanien Urlaub macht. Auch die Temperaturen spielten mit. Anfang November zum Zeitpunkt unseres Aufenthaltes war es um die 20 Grad jeden Tag.

Mit diesen Temperaturen also besichtigten wir Orte wie den Dendrari Park im Zentrum der Stadt, der von einem reichen russischen Bürger noch zur Kaiserzeit gegründet wurde. Er ist sehr groß und hat viele Pavillions und Bäume und Pflanzen. Der Gründer benannte viele seiner Objekte nach seiner Frau. Auch das Haus wurde nach ihr benannt, welches oben auf dem höchsten Punkt des Parks trohnt. Es heißt Nadezhda, was so viel heißt wie Hoffnung. Es gab auch Käfige, in denen Vögel und Pfaue waren und einige liefen sogar frei herum, was mich an die Pfaueninsel erinnerte, welche in Berlin in der Havel liegt.

Dendrari Park Sotschi

Wir machten auch einen Halt im Zentrum der Stadt wo wir die City mit Bahnhof und Rathaus sahen. Erstaunlicherweise sieht der Bahnhof sehr pompös und kunstvoll aus, wohingegen das Rathaus,, was in deutschen Städten meist sehr schön ist eher klein und winzig ohne Schmuck da stand. Es wirkte sogar ganz verloren neben dem großen Universitätsbau gleich neben der Shopping Straße mit all den edlen westlichen Geschäften.

Wir sahen auch den Hafen, der jetzt ein Einkaufszentrum ist und in dem viele sowjetische Filme gedreht wurden wie zum Beispiel der sowjetische Kultfilm „Der Brillanten-Arm“, wie ich selbst vor einigen Tagen beim Schauen entdeckt habe.

Insgesamt muss man schon sagen, dass Sotschi eine Reise wert ist, besonders durch die vielen Erneuerungen in der Infrastruktur und der Gestaltung der Parkanlagen und sonstigen öffentlichen Einrichtungen. Diese Investitionen wurden nur möglich durch die Olympischen Winter-Spiele, die hier im Jahre 2014 stattfanden. Auch deshalb kann man interessante architektonische Meisterwerke in der Stadt erblicken. Allerdings muss man davon ausgehen, dass viele bauliche Maßnahmen unmittelbar das Klima beeinflusst haben. Seit dem Beginn der Bauarbeiten für die Spiele gab es einige Flutkatastrophen, denn um Winterspiele unter Palmen auszutragen, hat man sich weit in die Berge vorgearbeitet und natürlich nicht zuerst an Naturschutz gedacht. Sobald es hier stärker regnet, reißt es jetzt die Stadt mit.

Eine Reise ins russische Italien, Sotschi Teil 1

Mit AFS hat man die Möglichkeit, in seinem Gastland gegen extra Gebühren an mehreren Fahrten teilzunehmen. Auf meiner ersten Reise ging es nach Sotschi, einer der südlichsten Zipfel Russlands, gleich am Schwarzen Meer. Fast 24 Stunden Zugfahrt von Volzhskiy entfernt.

Bahnhof Volzshskiy

Bahnhof Wolgograd 

Die Zugfahrt zog sich, wie wohl alle Zugfahrten in Russland, die längere Distanzen zurücklegen, da diese Züge nur 70 bis 90km/h fahren. Es gibt auch noch eine andere Art des Reisens mit dem Zug. Nämlich mit der Elektritshka. Diese Züge bieten keine Liegemöglichkeit an, sondern beschränken sich auf europäische Weise auf Sitzplätze. Sie legen nur kürzere Strecken zurück und fahren so schnell wie in Europa und Deutschland außerhalb von ICE-Strecken üblich.

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Sotschi ist eine recht neue Stadt für europäische Verhältnisse, denn sie wurde erst im 18. Jahrhundert als Festung im längsten Eroberungskrieg Russlands errichtet. Jetzt strahlt die Stadt als größter Kurort Russlands und als einer der langgezogenen Städte der Welt. In der Breite erstreckt sie sich oft nur an drei parallelen Straßen an den Hängen der Ausläufer des Kaukasus. Durch gewisse geographische Gegebenheiten ist Sotschi einer der wärmsten Orte Russlands. Diese sind zu einem die Lage am Schwarzen Meer, sowie die Lage nah an den Bergen, die die Stadt aus dem Inland von kalten Winden während der Winterzeit schützen.

Ich am Meer

Dass ich nach Sotschi reise, war allerdings am Ende doch sehr überraschend. Denn an dem Tag vor unserer geplanten Abreise erreichte uns die Nachricht, dass Sotschi eine Unwetterkatastrophe erlebt hat – die Bahnstrecke von Krasnodar nach Sotschi war von Regenfluten weggerissen, die Stadt selbst war unter Wasser.

Ich war ziemlich niedergeschlagen, denn ich konnte mir nicht vorstellen, wie man das in ein paar Wochen hinbekommen will. Doch hier ist Russland! Alle sind auf solche Sachen vorbereitet. Die Bauarbeiter rückten aus. Die Leute in Sotschi räumten auf. Unsere AFS Betreuerin in Volzshskiy hat sich 10 Stunden auf dem Bahnhof mit der Umbuchung herumgeschlagen. Und schon zwei Wochen später ging es für uns los. Leider waren unsere Tickets durch das Umbuchen nicht mehr zusammenhängend. Deshalb wurden oft die Treffpunkte gewechselt, an denen man miteinander redet.

Nach knapp 24 Stunden Zugfahrt kamen wir in Adler an. Dieser Bezirk gehört verwaltungstechnisch zu Sotschi und wird auch als ein solcher behandelt. Auch wenn die eigentliche Stadt mehrere Kilometer entfernt liegt. Als wir ausstiegen, ging gerade die Sonne auf und es war sehr schön. Jedoch mussten wir schnell ins Hotel, da wir frühstückten.

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Unser Hotel

Um die Mittagszeit kamen dann die anderen Ausländer an mit ihren russischen Freunden, und wir gingen gemeinsam zum Strand. Es war sehr schön und wir machten viele Fotos vom Himmel und der Umgebung.

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AFS Russia 2018

Bald spielten wir die ersten Kennenlernspiele, was sehr interessant war. So verbrachten wir den kompletten ersten Tag mit den üblichen AFS Interkulturellen Spielen, mit den Tänzen, die man mit AFS macht und netten Gesprächen mit den vielen Teilnehmern. Durch die Terminverschiebung kamen verschiedene Gruppen zusammen, insgesamt waren wir am Ende 104 Personen!

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Chinesische Touristen sind überall, China Teil 7

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Mitten in Peking

Zu unserem Aufenthalt gehörte auch ein Kulturprogramm. Wir besuchten zum Beispiel das Chinesische Nationalmuseum, den Tiananmen Platz und die Verbotene Stadt und natürlich die Mauer. Die Zeit gerade im Museum und in der Verbotenen Stadt war jedoch leider jeweils sehr, sehr kurz, so dass wir uns vieles nur im Vorbeihetzen anschauen konnten. Da hätte ich mir viel mehr Zeit und Erläuterungen gewünscht, obwohl ich mich vorher schlaugemacht und viel gelesen habe.

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Chinesische Touristen sind überall, auch in China

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In der Verbotenen Stadt haben wir gleich mal ein Mädchen verloren. Kein Wunder, so viel Menschen wie hier überall herumlaufen. Es war eine ziemliche Aufregung, aber wir haben sie wiedergefunden.

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Blick über die Palastdächer

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Verbotene Stadt

In der Verbotenen Stadt

Ein weiterer Höhepunkt unserer Peking-Reise war der gemeinsame Trip zur Mauer. Das hat mir sehr gefallen. Ein solches Bauwerk, das sich zehntausende Kilometer durch unsere Welt erstreckt, das schon uralt ist und dennoch steht ist nicht nur bemerkenswert, sondern sieht auch gut aus.

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The Great Wall of China

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Die Mauer, die Chinesen und ich

Ich hatte sehr viel Spaß beim Fotografieren und war dennoch angestrengt wie schon lange nicht mehr. Die Hitze und die vielen Menschen waren eine echte Herausforderung. Vor allem waren sehr viele Treppen zu überwinden, denn anders als mancher sich das vorstellt ist die Mauer ja nicht eben, sondern verläuft über Berge und Täler. Die Treppen sind zum Teil so steil, dass die Chinesen hinaufkrabbeln wie die Käfer, um Kräfte zu sparen.

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Ich bin der Kaiser von Peking, China Teil 6

Mein Sommerpalast

Mein Sommerpalast…

Unvergesslich ist der herrliche Tag im Sommerpalast. In dieser Parkanlage haben die chinesischen Kaiser im Sommer Erfrischung gesucht. Gemeinsam mit anderen aus der Gruppe (Chinesen und Deutsche) erkundeten mein Gastbruder und ich die sehr weitläufige Anlage und genossen einen echt chinesischen Wochenendtag – das heißt Menschenmassen, wohin das Auge reicht.Daran waren wir zum Glück schon gewöhnt, denn so sieht es überall in Peking aus.

Menschenmenge

Ganz Peking auf den Beinen

Im Laufe des (sehr heißen) Tages hatten wir Gelegenheit, uns alle besser kennenzulernen. Wir Jugendlichen aus Deutschland haben schnell gemerkt, dass Jungen und Mädchen in China in einer gemischten Gruppe nicht so freundschaftlich miteinander umgehen wie es bei uns üblich ist. Leider kam es darüber unter den chinesischen Jugendlichen zu Konflikten. Da habe ich dann verstanden, warum es im Programm auch einen Workshop zum Thema Gender gab, was ein Berliner Schüler ja nun wirklich seit der 1. Klasse immer wieder hört. Offenbar war der Kurs nicht für uns gedacht.

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Vor allem das stereotype und gleichzeitig aggressive Verhalten der Mädchen hat mich schockiert. Das war ein guter Anlass, darüber mit denen zu sprechen, die ein Austauschjahr in Deutschland planen. Denn ein solches Verhalten wäre an einer deutschen Schule nicht akzeptabel.

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Trotz dieser Misstöne war der Tag im Sommerpalast einer der Höhepunkte meiner Reise, auch weil wir durch die Diskussionen so viel über unsere Kulturen gelernt haben und wirklich Zeit miteinander verbringen konnten.

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Sommerpalast Peking

Ein Asiate in Asien, China Teil 5

Blick über Palastdächer

In der Verbotenen Stadt

Mein Gastbruder ist so alt wie ich und verbringt seit August ein Jahr in Deutschland. Deshalb war es für ihn natürlich besonders interessant, sich mit mir zu unterhalten und sich so schon ein bisschen auf Deutschland einzustimmen. Wir haben uns sehr gut verstanden (auch weil er Englisch spricht) und sehr viel Zeit zusammen verbracht, uns die Stadt zusammen angesehen und kleine Ausflüge gemacht.

Unterwegs in der Stadt

Unterwegs in der Stadt

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Nach dem Kursprogramm sind wir auch einige Male einkaufen gegangen, so dass ich die Tricks, wie man den besten Preis aushandelt, bald gelernt habe. (Regel Nummer 1: Wenn dir jemand einen „special price“ für Schüler nennt, weißt du, der ist mindestens 10fach überteuert.) Manche Händler wurden auch sehr wütend, als sie das mitgekriegt haben und bedachten mich mit Flüchen, weil ich bei ihnen was gekauft habe zum Preis, den auch Chinesen bezahlen würden. Das war schon ein bisschen erschreckend, denn es hat sie ja niemand gezwungen, für den Preis zu verkaufen.

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Souvenirs, Souvenirs

Da ich zur Hälfte Asiate bin und für Chinesen aussehe wie aus dem Norden von China, gab es auch einige merkwürdige Situationen, die zeigen, dass Ausländer in China anders behandelt werden. Zum Beispiel muss man an der Metro sein Gepäck auf die Sicherheitsschleuse legen und selbst einige Meter weg durch den Metalldetektor laufen. Als ich durch war und meinen Rucksack an der Schleuse wieder in Empfang nehmen wollte, war der weg. Obwohl er direkt hinter dem Rucksack von meinem Gastbruder durch die Kontrolle gefahren ist. Mir blieb fast das Herz stehen. Denn darin war mein Pass, den wir an diesem Tag für einen Besichtigungstermin mitnehmen sollten. Und meine Kreditkarte! Als mein Gastbruder und ich dann nachfragten, ging der Wachmann an einen Schrank und holte ihn heraus. Angeblich hätte ich ihn liegenlassen. Was ich glaube: Als sie gemerkt haben, dass ich kein Chinese bin, haben sie den Rucksack lieber schnell wieder rausgerückt.

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Auch das ist Peking

An einem anderen Tag kam es innerhalb der Wohnanlage der Gastfamilie zu einer komischen Begegnung mit einem Wachmann. Er hörte, dass ich mit meinem Gastbruder Englisch gesprochen habe und wurde darüber ganz böse, weil er erst nicht verstanden hat, dass ich kein Chinese bin. Dann meinte er, dass Ausländer hier nichts zu suchen haben und er uns nicht durchlässt. Erst eine lange Ansprache von meinem Gastbruder konnte ihn überzeugen, so dass wir zurück in die Wohnung konnten.

Flagge vor der Mauer

Abenteuer Schattentheater, China Teil 4

Schattentheater

Schatten und Licht

Aber wir waren ja nicht nur zum Essen in China. Gemeinsam mit 12 chinesischen Jugendlichen beschäftigten wir uns zwei Wochen lang mit chinesischen Theatertraditionen und vor allem dem Schattentheater.

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Hierbei lernten wir aber nicht nur die traditionellen Facetten des Schattentheaters kennen. Im Workshop beschäftigten wir uns auch damit, uns theatralisch zu entfalten. Neben Übungen zum Lockerwerden gehörten dazu auch Improvisationen. Uns wurde zudem eine traditionelle Aufführung gezeigt mit Musik und allem „Drum und Dran“. Dann durften wir uns selbst eine Geschichte ausdenken und die echten Figuren von den professionellen Puppenspielern nutzen.

Kalligraphieworkshop

Kalligraphieworkshop

Sehr viel Spaß gemacht hat mir der Workshop in Kalligraphie. Das hatte ich schon einmal bei einer Schulprojektwoche ausprobiert, das von der Mutter einer chinesischen Klassenkameradin angeleitet wurde. Deshalb hatte ich mich darauf besonders gefreut und wurde nicht enttäuscht. Ich kann jetzt meinen Namen auf Chinesisch schreiben – und der hat ganz schön viele Silben. Denn westliche Namen werden in China mit Zeichen geschrieben, die so ähnlich ausgesprochen werden wie die deutschen Silben. Dann kommt eben der ein oder andere Laut dazu.

Fächer Peking

Am gleichen Abend hatten wir dann noch einen Workshop zum Thema Schattentheater. Dieser war jedoch besonders, da wir nicht nur unsere eigene Geschichte entwickeln konnten, sondern auch die Figuren selbst gestaltet haben. Das hat mir besonders Spaß gemacht.

Zwischendurch machten wir eine Pause, in der wir Wantan machten. Natürlich aßen wir diese dann auch. Das war leider oft nicht so einfach, da durch unsere nicht vorhandene Erfahrung beim Essen das Fleisch aus dem Teig fiel. Dieser Tag ist mir im Gedächtnis geblieben, und ich hätte mir mehr Zeit an diesem wundervollen Ort gewünscht.

Die Straßen von Peking

Die einzelnen Seminare haben uns sehr unterschiedliche Aspekte über Land und Leute vermittelt – auch das „Drumrum“ spielte dabei eine Rolle. So war es für die meisten der deutschen Jugendlichen eine Überraschung, dass nur drei der Gastfamilien zur Abschlussvorführung unseres Schattentheaterprojekts gekommen sind. Obwohl viele von ihnen eigene Kinder im Kurs hatten. Das kann ich mir in Deutschland nur sehr schwer vorstellen. Die meisten Eltern, die ich kenne, nehmen sich sogar frei, wenn es eine Aufführung gibt, egal welche.

Ich habe deshalb nachgefragt und erfahren, dass für die meisten chinesischen Eltern vor allem zählt, was für die Schule „etwas bringt“. Das Schattentheaterprojekt war außerhalb der Schule, also nicht so wichtig. So fragte mich meine Gastfamilie zum Beispiel, ob ich bessere Noten bekomme, weil ich an dem Kurzaustauschprogramm teilnehme. Sie waren sehr erstaunt, dass das natürlich nicht so ist. Und noch mehr, als ich erklärte, warum ich das trotzdem für nützlich für mein Leben halte und dass das meine Eltern das auch so sehen. Andere Länder, andere Sitten.

Hundeblut und Kotzfrucht: Esskultur, China Teil 3

Abendessen

Kleiner Snack made in China

Mit meiner Gastfamilie hatte ich sehr viel Glück. Sie waren alle sehr nett und haben sich jede Mühe gegeben, mir einen schönen Aufenthalt zu bereiten. Wir hatten vorher kurz E-Mails geschrieben, so dass sie schon wussten, dass ich bei Essen sehr viel ausprobieren wollte. Am Anfang waren sie nicht so sicher, ob ich das ernst meine und haben mir eher „harmlose“ chinesische Speisen serviert wie Baozi (gedämpfte Teigtaschen mit Füllung). Aber das hat sich schnell „gesteigert“.

Meine Gastmutter hat jeden Tag für uns frisch gekocht, das war natürlich besonders toll, weil das in China nicht so üblich ist. Immer gab es etwas Besonderes für mich zu kosten. Sie wollten mich natürlich auch testen. Am letzten Tag war die Brühe im Hotpot zum Beispiel so scharf, dass sogar meinem Gastbruder die Tränen in die Augen schossen. Mir hat es an diesem Tag besonders gut geschmeckt.

Foodcourt statt Street Food

Foodcourt statt Street Food

Auch auf der Straße habe ich viel ausprobiert: Stinkenden Tofu zum Beispiel. Schmeckt. Leider konnte ich keine Kotzfrucht kosten (heißt so, weil sie so stinkt), da ich keine ganze kaufen wollte und es an den Snackverkaufsstellen so etwas nicht gab. Die wächst nicht in der Gegend und ist deshalb teuer. Da muss ich wohl noch mal wiederkommen oder in den Süden von China fahren.

Es gibt auch allerhand kulinarische Merkwürdigkeiten, zum Beispiel Reis am Stiel. Ich hatte auch einmal gefrorene Erbsen, auch am Stiel. Die Chinesen essen lieber herzhaft als süß. Die eigentlichen Süßigkeiten sind dann aber wiederum so süß, dass man sich das Erbseneis zurück wünscht.

Reis am Stiel

(R)Eis am Stiel

Hotpot

Hotpot

Beim Essen gab es die ein oder andere witzige Situation. Einmal schwamm in der Hot Pot Brühe so eine Art Wackelpudding. Ich fragte nach, was es ist: Hundeblut. Es war sehr lecker. Als ich schon nach Hause geschrieben hatte, dass in China tatsächlich Hunde gegessen werden, löste sich das Missverständnis auf: Es war Entenblut (duck blood), ich hatte mich aufgrund der Aussprache verhört und Hundeblut (dog blood) verstanden. Wir haben sehr gelacht.

Mit meiner Gastfamilie konnte ich sehr gute Gespräche führen, sogar über Politik und Geschichte, wofür ich mich besonders interessiere. Zwar hatten sie natürlich oft eine andere Meinung als ich, zum Beispiel zum Thema Taiwan, aber ich fand es interessant, ihr Perspektive zu hören. Insgesamt war der Aufenthalt in der Gastfamilie für mich die beste Art, wirklich etwas über das Land zu erfahren.

Ich war mit sieben Jahren schon einmal in Peking und konnte mich an viele Dinge erinnern, die es jetzt nicht mehr gibt. Zum Beispiel sind alle Straßenhändler verschwunden, es gibt keine Gemüsehändler am Straßenrand mehr, keine Verkäufer mit frischer Sojamilch oder frittiertem Brot von der Schubkarre morgens um sechs, zumindest da, wo die Gastfamilie wohnt. Denn es gibt jetzt nur noch reguläre Geschäfte. Die haben manchmal eine Luke und verkaufen auf die Straße, das ist jedoch nicht das gleiche Feeling. Ansonsten gibt es Foodcourts in den Shopping Malls.

Im Markt

Das hatte ich schon in der Zeitung gelesen, konnte mir das aber nicht vorstellen. Die Idee dahinter ist, auf diese Art chinesische Wanderarbeiter aus der Stadt zu vertreiben, da sie meist diese einfachen Jobs gemacht haben. Ich persönlich finde das sehr schade, denn die Stadt sieht dadurch nicht mehr so interessant aus.

Auch viele schöne Dinge sind verschwunden wie die traditionellen geflochtenen roten Glücksbringer, die ich für meine Freunde kaufen wollte. In den Souvenirgeschäften werden nur sehr hässliche Varianten verkauft. Meine Gastfamilie meinte dazu, das wäre eben altmodisch gewesen, zehn Jahre in China sei eine lange Zeit und jetzt wäre alles viel besser und moderner. Aber in Deutschland gibt es ja auch Kuckucksuhren und Lederhosen und Mauerstücke zu kaufen, und gerade Chinesen lieben Fachwerkhäuser oder Gründerzeitvillen. Aber das wäre etwas ganz anderes, fand die Familie. (Wahrscheinlich halten sie Europa insgesamt für ein Museum mit angeschlossenem Museumsshop…)

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Peking 2018

Sehr skurril fanden wir alle, dass es viele Lebensmittel aus Deutschland gibt, sogar Milch. „Made in Germany“ gilt unter wohlhabenden Chinesen als schick – das muss man sich leisten können, denn die Milch ist auch nach deutschen Verhältnissen nicht gerade billig für H-Milch.

Geld verdienen mit Milch aus Deutschland

Milchparade „made in Germany“