Ein Asiate in Asien, China Teil 5

Blick über Palastdächer

In der Verbotenen Stadt

Mein Gastbruder ist so alt wie ich und verbringt seit August ein Jahr in Deutschland. Deshalb war es für ihn natürlich besonders interessant, sich mit mir zu unterhalten und sich so schon ein bisschen auf Deutschland einzustimmen. Wir haben uns sehr gut verstanden (auch weil er Englisch spricht) und sehr viel Zeit zusammen verbracht, uns die Stadt zusammen angesehen und kleine Ausflüge gemacht.

Unterwegs in der Stadt

Unterwegs in der Stadt

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Nach dem Kursprogramm sind wir auch einige Male einkaufen gegangen, so dass ich die Tricks, wie man den besten Preis aushandelt, bald gelernt habe. (Regel Nummer 1: Wenn dir jemand einen „special price“ für Schüler nennt, weißt du, der ist mindestens 10fach überteuert.) Manche Händler wurden auch sehr wütend, als sie das mitgekriegt haben und bedachten mich mit Flüchen, weil ich bei ihnen was gekauft habe zum Preis, den auch Chinesen bezahlen würden. Das war schon ein bisschen erschreckend, denn es hat sie ja niemand gezwungen, für den Preis zu verkaufen.

Souvenirs Souvenirs

Souvenirs, Souvenirs

Da ich zur Hälfte Asiate bin und für Chinesen aussehe wie aus dem Norden von China, gab es auch einige merkwürdige Situationen, die zeigen, dass Ausländer in China anders behandelt werden. Zum Beispiel muss man an der Metro sein Gepäck auf die Sicherheitsschleuse legen und selbst einige Meter weg durch den Metalldetektor laufen. Als ich durch war und meinen Rucksack an der Schleuse wieder in Empfang nehmen wollte, war der weg. Obwohl er direkt hinter dem Rucksack von meinem Gastbruder durch die Kontrolle gefahren ist. Mir blieb fast das Herz stehen. Denn darin war mein Pass, den wir an diesem Tag für einen Besichtigungstermin mitnehmen sollten. Und meine Kreditkarte! Als mein Gastbruder und ich dann nachfragten, ging der Wachmann an einen Schrank und holte ihn heraus. Angeblich hätte ich ihn liegenlassen. Was ich glaube: Als sie gemerkt haben, dass ich kein Chinese bin, haben sie den Rucksack lieber schnell wieder rausgerückt.

Auch das ist Peking.jpg

Auch das ist Peking

An einem anderen Tag kam es innerhalb der Wohnanlage der Gastfamilie zu einer komischen Begegnung mit einem Wachmann. Er hörte, dass ich mit meinem Gastbruder Englisch gesprochen habe und wurde darüber ganz böse, weil er erst nicht verstanden hat, dass ich kein Chinese bin. Dann meinte er, dass Ausländer hier nichts zu suchen haben und er uns nicht durchlässt. Erst eine lange Ansprache von meinem Gastbruder konnte ihn überzeugen, so dass wir zurück in die Wohnung konnten.

Flagge vor der Mauer

Hundeblut und Kotzfrucht: Esskultur, China Teil 3

Abendessen

Kleiner Snack made in China

Mit meiner Gastfamilie hatte ich sehr viel Glück. Sie waren alle sehr nett und haben sich jede Mühe gegeben, mir einen schönen Aufenthalt zu bereiten. Wir hatten vorher kurz E-Mails geschrieben, so dass sie schon wussten, dass ich bei Essen sehr viel ausprobieren wollte. Am Anfang waren sie nicht so sicher, ob ich das ernst meine und haben mir eher „harmlose“ chinesische Speisen serviert wie Baozi (gedämpfte Teigtaschen mit Füllung). Aber das hat sich schnell „gesteigert“.

Meine Gastmutter hat jeden Tag für uns frisch gekocht, das war natürlich besonders toll, weil das in China nicht so üblich ist. Immer gab es etwas Besonderes für mich zu kosten. Sie wollten mich natürlich auch testen. Am letzten Tag war die Brühe im Hotpot zum Beispiel so scharf, dass sogar meinem Gastbruder die Tränen in die Augen schossen. Mir hat es an diesem Tag besonders gut geschmeckt.

Foodcourt statt Street Food

Foodcourt statt Street Food

Auch auf der Straße habe ich viel ausprobiert: Stinkenden Tofu zum Beispiel. Schmeckt. Leider konnte ich keine Kotzfrucht kosten (heißt so, weil sie so stinkt), da ich keine ganze kaufen wollte und es an den Snackverkaufsstellen so etwas nicht gab. Die wächst nicht in der Gegend und ist deshalb teuer. Da muss ich wohl noch mal wiederkommen oder in den Süden von China fahren.

Es gibt auch allerhand kulinarische Merkwürdigkeiten, zum Beispiel Reis am Stiel. Ich hatte auch einmal gefrorene Erbsen, auch am Stiel. Die Chinesen essen lieber herzhaft als süß. Die eigentlichen Süßigkeiten sind dann aber wiederum so süß, dass man sich das Erbseneis zurück wünscht.

Reis am Stiel

(R)Eis am Stiel

Hotpot

Hotpot

Beim Essen gab es die ein oder andere witzige Situation. Einmal schwamm in der Hot Pot Brühe so eine Art Wackelpudding. Ich fragte nach, was es ist: Hundeblut. Es war sehr lecker. Als ich schon nach Hause geschrieben hatte, dass in China tatsächlich Hunde gegessen werden, löste sich das Missverständnis auf: Es war Entenblut (duck blood), ich hatte mich aufgrund der Aussprache verhört und Hundeblut (dog blood) verstanden. Wir haben sehr gelacht.

Mit meiner Gastfamilie konnte ich sehr gute Gespräche führen, sogar über Politik und Geschichte, wofür ich mich besonders interessiere. Zwar hatten sie natürlich oft eine andere Meinung als ich, zum Beispiel zum Thema Taiwan, aber ich fand es interessant, ihr Perspektive zu hören. Insgesamt war der Aufenthalt in der Gastfamilie für mich die beste Art, wirklich etwas über das Land zu erfahren.

Ich war mit sieben Jahren schon einmal in Peking und konnte mich an viele Dinge erinnern, die es jetzt nicht mehr gibt. Zum Beispiel sind alle Straßenhändler verschwunden, es gibt keine Gemüsehändler am Straßenrand mehr, keine Verkäufer mit frischer Sojamilch oder frittiertem Brot von der Schubkarre morgens um sechs, zumindest da, wo die Gastfamilie wohnt. Denn es gibt jetzt nur noch reguläre Geschäfte. Die haben manchmal eine Luke und verkaufen auf die Straße, das ist jedoch nicht das gleiche Feeling. Ansonsten gibt es Foodcourts in den Shopping Malls.

Im Markt

Das hatte ich schon in der Zeitung gelesen, konnte mir das aber nicht vorstellen. Die Idee dahinter ist, auf diese Art chinesische Wanderarbeiter aus der Stadt zu vertreiben, da sie meist diese einfachen Jobs gemacht haben. Ich persönlich finde das sehr schade, denn die Stadt sieht dadurch nicht mehr so interessant aus.

Auch viele schöne Dinge sind verschwunden wie die traditionellen geflochtenen roten Glücksbringer, die ich für meine Freunde kaufen wollte. In den Souvenirgeschäften werden nur sehr hässliche Varianten verkauft. Meine Gastfamilie meinte dazu, das wäre eben altmodisch gewesen, zehn Jahre in China sei eine lange Zeit und jetzt wäre alles viel besser und moderner. Aber in Deutschland gibt es ja auch Kuckucksuhren und Lederhosen und Mauerstücke zu kaufen, und gerade Chinesen lieben Fachwerkhäuser oder Gründerzeitvillen. Aber das wäre etwas ganz anderes, fand die Familie. (Wahrscheinlich halten sie Europa insgesamt für ein Museum mit angeschlossenem Museumsshop…)

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Peking 2018

Sehr skurril fanden wir alle, dass es viele Lebensmittel aus Deutschland gibt, sogar Milch. „Made in Germany“ gilt unter wohlhabenden Chinesen als schick – das muss man sich leisten können, denn die Milch ist auch nach deutschen Verhältnissen nicht gerade billig für H-Milch.

Geld verdienen mit Milch aus Deutschland

Milchparade „made in Germany“

Vorbereitung auf meine Reisen

In den letzten Wochen und Monaten habe ich mich verstärkt auf mein bevorstehendes Auslandsjahr vorbereitet und viele Bewerbungen geschrieben, für Programme und Stipendien. Ich hatte Glück und bekam verschiedene Stipendien, die es mir ermöglichen, nicht nur wie angestrebt nur ein Auslandsjahr in Russland zu machen, sondern auch einen zweiwöchentlichen Kurzaustausch nach Peking.

Also musste ich mich in den letzten Monaten mehreren Tests und Impfungen unterziehen für meine Gesundheit im nächsten Jahr. Auch sonst war sehr viel zu tun. Zum Beispiel verlangt meine Schule in Russland Schulkleidung: Hemd, dunkle Hose, schwarze (Wechsel)Schuhe. Also erstmal ein Großeinkauf. Warme Sachen dürfen auch nicht fehlen bei einer Reise nach Russland. Und natürlich Gastgeschenke.

Es ist nicht so einfach, für Menschen, die man gar nicht kennt, etwas zu finden. Ich hoffe, mit unseren Stiften, Schneidebrettchen, Kuscheltieren „made in Germany“ (sehr wichtig in Russland), einer Thomaner-CD und den Süßigkeiten liegen wir in Russland richtig. Das Weihnachtsgeschenk haben wir auch schon gekauft: Ein Nussknacker „made in Germany“, aus dem Erzgebirge. Für China haben wir uns für ein Bierglas „Berlin“ gefüllt mit Gummibärchen (es sieht aus wie Bier mit Schaumkrone), Schlüsselanhänger, Kalender, Schokolade und weiteren Süßigkeiten entschieden. Das Ganze haben wir in Rot verpackt, denn Rot ist die Glücksfarbe in China, da kann man nichts falsch machen. (Gelbe Verpackungen sind dagegegen tabu, die Farbe steht für Unglück.) Um den Geschenkkarton hat meine Mutter deshalb eine extra dicke rote Schleife gebunden.

Peking, ich komme.

Ein Präsident hat Geburtstag

Heute feiert das ganze Land den Geburtstag des Präsidenten. Schon seit dem frühen Morgen wechseln sich im TV bunte Show Programme mit Übertragungen der Festlichkeiten in Astana ab. Damit die Leute dieses hohe Fest ausgiebig feiern können, ist auch morgen arbeitsfrei – so ist vier Tage Party angesagt. Das musste letzten Sonntag vorgearbeitet werden. Deshalb waren wir in der Kreisstadt zum Einkaufen.

Porträt_Lissakowsk

Wir fuhren morgens in die Stadt, es regnete sehr stark und wir stapften durch den Matsch zum Auto. Auf ging es über tiefe Schlaglöcher nach Lissakowsk. Kurz hinter dem Dorf wird eine neue Brücke gebaut. Deshalb nutzen alle die Schotterpiste durch das Dorf. Jetzt ist die Straße so zerbeult, dass man bei Regen nur noch Schritt fahren kann. Angeblich kommt im September das Straßenausbesserungskommando. Aber na ja… Das ist wie mit dem BER.

Einkaufsstraße_Lissakowsk

Wir fahren nach Lissakowsk, einer der größeren Städte, die es hier gibt. Sie ist wie die meisten Städte in der Umgebung eine in den 50er Jahren gegründete Stadt. Viele von den Siedlungen entstanden aufgund von Eisenerzfunden, wie zum Beispiel Rudny. Die Stadt feierte kürzlich ihren 60. Geburtstag, noch Tage später war alles herausgeputzt.

Rudny_Strassenreinigung

Die Sowjetunion hatte außerdem ein Besiedlungsprogramm für Kasachstan geplant („Neulanderschließung“), so dass viele Leute aus anderen Orten der Sowjetunion hier Arbeit und ein Zuhause fanden. Viele von ihnen reisten nach dem Fall der Sowjetunion neben den vielen Deutschen aus Kasachstan in die Länder in denen ihre Wurzeln liegen. (Deutschland, Russland, Israel, Armenien, Aserbaidschan, Ukraine…)

In Lissakowsk angekommen, fuhren wir zu einem Geschäft. Von außen sah es unscheinbar aus, aber als wir rein gingen merkten wir, wie sehr das Geschäft versucht westlichen Standard zu schaffen. Alles war sehr sauber und es gab sehr viel Personal. Das Angebot war reichlich, viele Importprodukte. Das Personal schien sehr bemüht, dass alles glänzt. Der Kunde ist König. Es gab Cola, eine ganzen Schrank mit Asia-Produkten, sogar Zutaten zum Sushi machen. In den Tiefkühltruhen lagen Manti und Pelmeni, sogar Blätterteig. Es gab abgepackte Bananen und ein langes Regal voller Milchprodukte. Ich durfte mir aussuchen was ich haben will.

Danach fuhren wir zu einem anderen Geschäft. Auf den ersten Blick schien es ein Modegeschäft (Strümpfe, Unterwäsche, Kinderklamotten), aber es hat auch eine Elektro Abteilung, dort kaufte die Familie einen elektrischen Teekocher – eine Mischung aus Samowar und Thermoskanne. Sie sind hier sehr populär. In dem Gerät wird Wasser erhitzt und den ganzen Tag heiß gehalten. In einer separaten Teekanne wird Teesud bereitgestellt. Den gießt man dann in eine Tasse und füllt mit heißem Wasser aus dem Teekocher auf. Leider halten die Teekocher nicht lange („made in China“) erzählt die Familie, so dass der Laden bestimmt gute Geschäfte macht. Meine Familie hat schon den vierten in zwei Jahren.

Luftballons_Kasachstan

Neben Schreibwaren und allerhand Dekokram gab es auch noch einen Kaugummiautomaten. Auf dem Schild steht, dass man Kleingeld in der Elektroabteilung wechseln soll.

Kaugummiautomat_KasachstanKiosk_Kasachstan

Als wir rausgehen, sah ich mehrere Frauen mit Eimern voller Erdbeeren sitzen – eine Art Markt, wo Leute die Sachen aus ihren Gärten verkaufen. Witziger Weise sah ich sie schon vorher im Regionalfernsehen. Da hier echt jede tote Ratte in der Gegend in den Nachrichten zu sehen ist, verwunderte mich das nicht. (Neues Haus in der Stadt X fertig? TV ist da. Ausstellung in der Stadt Y eröffnet? TV ist da. Regen in der Stadt Z? TV ist da.)

Verkäuferin_Kasachstan

Ich hatte Lust auf ein paar Erdbeeren, da in Berlin gerade Erdbeersaison war. Ein Eimer voll kostete umgerechnet 8.50 Euro. Die Verkäuferin erzählte uns, dass ihr Neffe in Deutschland wohnt – in Hamburg. Fast alle hier haben Verwandte in Deutschland. Am Ende des Ausflugs ging ich glücklich mit einem Eimer Erdbeeren heim.

Einkaufsstrasse_Lissakowsk_Kasachstan

Die „Shopping-Mall“

Laden_Kristall

Dieser Laden heißt „Kristall“. Wir wollen Brot kaufen und Eis. Viele Sachen macht Natalia Iwanowna selbst, sogar Teigwaren. Aber Brot kauft sie im Laden. Für größere Einkäufe fährt sie mit Verwandten in die nächste Stadt. Ohne Auto geht das nicht. Es gibt keinen Bus. Deshalb verkauft der Laden die wichtigsten Sachen: Wodka, Kochtöpfe, Seife, Tütensuppen, Eier.

Getränke_Laden_KasachstanP1030147

Es gibt eine eigene Vitrine für Kinderbedarf: Schulrucksäcke, Basecaps, Turnschuhe, Kuscheltiere.

Vitrine_Laden_Kasachstan

Sogar eine Gefriertruhe mit Fleisch und Pelmeni gibt es.

Gefriertruhe_Laden_Kasachstan