Leben im Staate Mao Tsedongs: Ein Schweigen und Umgehen, China Teil 2

Willkommen in Peking.jpgIn den zwei Wochen in denen ich in China und in meiner Gastfamilie leben durfte habe ich viel davon mitbekommen, wie das leben hier ist. In Deutschland haben wir uns schon an die Gedanken der beinahe uneingeschränkten Meinungsfreiheit gewöhnt. In China hingegen erlebte ich einen Überwachungsstaat, der mein ganzes Internetverhalten verändert hat. China hat es geschafft alle uns bekannten Medien zu sperren (Facebook, Whatsapp, Instagram, westliche Zeitungswebseiten sowieso), so dass uns nur durch die illegale Nutzung von einem VPN die vollkommene Pracht des Internets zur Verfügung steht.

Marktstand

Trotzdem ist der Stand der Digitalisierung sensationell. Da fällt es richtig auf, wie weit Deutschland bei diesem Thema zurück liegt. So kann man in Peking alles mit dem Handy bezahlen. Sogar an Marktständen hängen Zettel mit dem Code des Inhabers, mit denen man über die App WeChat eine Zahlung veranlassen kann.Das ist insofern schade, dass man Mao nicht mehr so oft in die Finger kriegt – sein Porträt prangt nämlich auf jedem Geldschein.

Natürlich gibt es überall Internet bzw. sehr guten Empfang für mobile Daten. Bei der Fahrt mit der U-Bahn wird auch laufend Werbung im U-Bahntunnel eingeblendet. Was für uns verstörend klingt, ist dort gang und gäbe. Im Tunnel sind etwa 100 Meter lange LED-Panels angebracht. Dort wird dann in der Fahrtgeschwindigkeit des Zuges die Werbung eingeblendet. So kann man die Werbeanzeigen dennoch gut ansehen, ohne dass das Bild an einem vorbeihuscht.

In der Werbung, egal ob in der U-Bahn, auf Plakaten oder im Fernsehen, geht es immer um das Idealbild der weißen Haut. In den Werbeclips sind die Menschen weiß wie Schnee, und zwar so weiß, wie es normal gar nicht vorkommt. So erinnere ich mich an die Werbung für ein sehr teures Smartphone, das einfach in jeder Einstellung vor schneeweißer Haut gezeigt wurde. (Hände, Gesicht…) Gesprochen wurde nicht. Man muss wohl auch nicht mehr sagen, um Chinesen von der Qualität zu überzeugen.

Schirme in Peking

Weil weiße Haut so angesagt ist, laufen alle mit Regenschirmen herum. Das sieht erstmal etwas merkwürdig aus, aber nach einer Weile wünscht man sich selbst so einen Schirm, um ein bisschen Schatten zu erhaschen. Hitze brutal – das ist das, was mir zu meinem chinesischen Abenteuer einfällt. Die hohe Luftfeuchtigkeit lässt die Sonne als deinen besten Feind erscheinen – und das, obwohl ich eigentlich ein Sonnenanbeter bin. Ich habe lange nicht mehr so geschwitzt.

Ein Präsident hat Geburtstag

Heute feiert das ganze Land den Geburtstag des Präsidenten. Schon seit dem frühen Morgen wechseln sich im TV bunte Show Programme mit Übertragungen der Festlichkeiten in Astana ab. Damit die Leute dieses hohe Fest ausgiebig feiern können, ist auch morgen arbeitsfrei – so ist vier Tage Party angesagt. Das musste letzten Sonntag vorgearbeitet werden. Deshalb waren wir in der Kreisstadt zum Einkaufen.

Porträt_Lissakowsk

Wir fuhren morgens in die Stadt, es regnete sehr stark und wir stapften durch den Matsch zum Auto. Auf ging es über tiefe Schlaglöcher nach Lissakowsk. Kurz hinter dem Dorf wird eine neue Brücke gebaut. Deshalb nutzen alle die Schotterpiste durch das Dorf. Jetzt ist die Straße so zerbeult, dass man bei Regen nur noch Schritt fahren kann. Angeblich kommt im September das Straßenausbesserungskommando. Aber na ja… Das ist wie mit dem BER.

Einkaufsstraße_Lissakowsk

Wir fahren nach Lissakowsk, einer der größeren Städte, die es hier gibt. Sie ist wie die meisten Städte in der Umgebung eine in den 50er Jahren gegründete Stadt. Viele von den Siedlungen entstanden aufgund von Eisenerzfunden, wie zum Beispiel Rudny. Die Stadt feierte kürzlich ihren 60. Geburtstag, noch Tage später war alles herausgeputzt.

Rudny_Strassenreinigung

Die Sowjetunion hatte außerdem ein Besiedlungsprogramm für Kasachstan geplant („Neulanderschließung“), so dass viele Leute aus anderen Orten der Sowjetunion hier Arbeit und ein Zuhause fanden. Viele von ihnen reisten nach dem Fall der Sowjetunion neben den vielen Deutschen aus Kasachstan in die Länder in denen ihre Wurzeln liegen. (Deutschland, Russland, Israel, Armenien, Aserbaidschan, Ukraine…)

In Lissakowsk angekommen, fuhren wir zu einem Geschäft. Von außen sah es unscheinbar aus, aber als wir rein gingen merkten wir, wie sehr das Geschäft versucht westlichen Standard zu schaffen. Alles war sehr sauber und es gab sehr viel Personal. Das Angebot war reichlich, viele Importprodukte. Das Personal schien sehr bemüht, dass alles glänzt. Der Kunde ist König. Es gab Cola, eine ganzen Schrank mit Asia-Produkten, sogar Zutaten zum Sushi machen. In den Tiefkühltruhen lagen Manti und Pelmeni, sogar Blätterteig. Es gab abgepackte Bananen und ein langes Regal voller Milchprodukte. Ich durfte mir aussuchen was ich haben will.

Danach fuhren wir zu einem anderen Geschäft. Auf den ersten Blick schien es ein Modegeschäft (Strümpfe, Unterwäsche, Kinderklamotten), aber es hat auch eine Elektro Abteilung, dort kaufte die Familie einen elektrischen Teekocher – eine Mischung aus Samowar und Thermoskanne. Sie sind hier sehr populär. In dem Gerät wird Wasser erhitzt und den ganzen Tag heiß gehalten. In einer separaten Teekanne wird Teesud bereitgestellt. Den gießt man dann in eine Tasse und füllt mit heißem Wasser aus dem Teekocher auf. Leider halten die Teekocher nicht lange („made in China“) erzählt die Familie, so dass der Laden bestimmt gute Geschäfte macht. Meine Familie hat schon den vierten in zwei Jahren.

Luftballons_Kasachstan

Neben Schreibwaren und allerhand Dekokram gab es auch noch einen Kaugummiautomaten. Auf dem Schild steht, dass man Kleingeld in der Elektroabteilung wechseln soll.

Kaugummiautomat_KasachstanKiosk_Kasachstan

Als wir rausgehen, sah ich mehrere Frauen mit Eimern voller Erdbeeren sitzen – eine Art Markt, wo Leute die Sachen aus ihren Gärten verkaufen. Witziger Weise sah ich sie schon vorher im Regionalfernsehen. Da hier echt jede tote Ratte in der Gegend in den Nachrichten zu sehen ist, verwunderte mich das nicht. (Neues Haus in der Stadt X fertig? TV ist da. Ausstellung in der Stadt Y eröffnet? TV ist da. Regen in der Stadt Z? TV ist da.)

Verkäuferin_Kasachstan

Ich hatte Lust auf ein paar Erdbeeren, da in Berlin gerade Erdbeersaison war. Ein Eimer voll kostete umgerechnet 8.50 Euro. Die Verkäuferin erzählte uns, dass ihr Neffe in Deutschland wohnt – in Hamburg. Fast alle hier haben Verwandte in Deutschland. Am Ende des Ausflugs ging ich glücklich mit einem Eimer Erdbeeren heim.

Einkaufsstrasse_Lissakowsk_Kasachstan